Alter schützt vor Leistung nicht

Jan Kulhanek kam 2015 von der SG BBM Bietigheim zum HSC 2000 Coburg und ist dort längst einer der absoluten Publikumslieblinge. Auch in der aktuellen Spielzeit besticht der inzwischen 37-Jährige seit Wochen mit konstant starken Leistungen.

Schon von klein an spielte der Sport eine wichtige Rolle im Leben von Jan Kulhanek. Bereits im Vorschulalter tummelte er sich in diversen Hallen und auf Sportplätzen. Neben dem Handball turnte er oder spielte Tennis. „Ich habe auch Fußball gespielt, auch wenn das nicht so aussieht. Und gar nicht mal so schlecht.“ Schließlich ist er beim Handballsport hängen geblieben, denn der hat eine große Tradition in seiner Heimatstadt Lovosice. „Ich hab eigentlich wie fast jeder Handballer auch im Spielfeld angefangen. Da hab ich so ein Jahr lang als Halblinker gespielt und alle Positionen ausprobiert. Doch dann bin ich ganz schnell im Tor gelandet.“ Zum Glück möchte man sagen, denn fortan führte seine Karriere stetig bergauf. „Ich habe in verschiedenen Auswahlmannschaften gespielt und auch zweimal bei Europameisterschaften teilgenommen. Ich war 1998 sogar bei den Olympischen Jugendspielen in Moskau dabei.“ Wenig später wechselte der Keeper zum tschechischen Spitzenklub SKP Frýdek-Místek, mit dem er auch im Europapokal spielte und 2003 Tschechischer Meister wurde. Doch als der Verein 2005 plötzlich in die Insolvenz ging, war guter Rat teuer. Die Rettung kam mit dem Anruf eines ehemaligen Mannschaftskollegen. „Der meinte: ,Ich habe Vertrag für dich.‘ Ich hab gesagt: ‚Ja, geile Sache, wo muss ich hinfahren, welcher Verein ist es?‘ ‚Du musst nicht hinfahren, brauchst nur zu unterschreiben, dann kannst du direkt zur Vorbereitung fahren.‘ Und so bin ich nach Deutschland gekommen.“

Immer den richtigen Verein gefunden    

Besagter Verein war Zweitligist ASV Hamm, für den er in den folgenden drei Jahren spielte. 2008 wagte er den nächsten Schritt und wechselte zum TuSEM Essen, einem großen Namen in der Handballszene. Mit dem Traditionsverein sammelte Jan Kulhanek dann auch seine ersten Erfahrungen in der 1. Bundesliga. Aber nicht nur aus diesem Grund erinnert er sich noch gerne an die Jahre in der Ruhrmetropole. „Wenn ich zurückblicke auf meine Vereine, war es überall super. Aber in Essen war es so ein bisschen eine Ausnahme. Weil ich da viele Leute wie Stefan Hecker oder Mark Dragunski getroffen habe, die ganz großen Namen in Deutschland.“ Mit seinem damaligen Torwart – Kollegen Sebastian Bliß, inzwischen längst die unangefochtene Nummer 1 im Tor des TuSEM, hat Jan Kulhanek bis heute noch Kontakt. „Mit ,Blissi‘ habe ich immer viel Spaß gehabt, auf dem Spielfeld und auch privat. Er hat mir auch bei meinem Umzug nach Bietigheim komplett geholfen. Vielleicht wollte er sich sicher sein, dass ich auch dort bleibe“, erzählt der Tscheche mit einem Lachen und fügt dann ernsthaft hinzu: „Danach hat er sich sofort in Essen als erster Torwart durchgesetzt und gehört heute meiner Meinung nach zu den sehr guten Torhütern, die in der Liga zu sehen sind.“ Sein letzter Trainer beim TuSEM war übrigens Christian Prokop, inzwischen bekanntlich Trainer der deutschen Nationalmannschaft. Auch an ihn kann sich „Wolle“ noch sehr gut erinnern und zieht darüber hinaus bemerkenswerte Parallelen: „Ich habe nur gute Erinnerungen an Christian und wir haben bis heute ein gutes Verhältnis. Ich glaube, Christian kann man auch gut mit Jan (Gorr) vergleichen. Das sind so ehrgeizige Leute, die leben 24 Stunden am Tag Handball und die sind sehr anspruchsvoll mit den Spielern. Die arbeiten sehr gerne mit den Spielern und verlangen immer Vollgas.“ Mit Vollgas schritt auch seine Karriere voran. „Ich kann es nicht beschreiben, aber irgendwie habe ich immer Glück gehabt mit den Mannschaften, zu denen ich gekommen bin.“ So auch bei der SG BBM Bietigheim, wohin er 2013 gewechselt war und nur ein Jahr später erneut einen Aufstieg in die 1. Bundesliga feiern durfte. Den sofortigen Wiederabstieg konnte er freilich ebenso wenig verhindern wie der nachverpflichtete serbische Weltklasse – Keeper Darko Stanic.

„Coburg war einer meiner Wunschvereine“    

Nach dem Abstieg wurde ihm dann jedoch mitgeteilt, dass man sich bei der SG BBM auf der Torhüter – Position neu aufstellen möchte und er deshalb keinen neuen Vertrag erhält. „Schon ein paar Tage später hat sich Jan Gorr gemeldet, auch noch ein paar andere Vereine. Aber mit Jan  habe ich mich dann schon zwei Tage später getroffen, das war ein Dienstag. Und bis Freitag wollte er dann schon meine Entscheidung wissen, ob ich nach Coburg gehen will. Aber Coburg, das muss ich ganz ehrlich sagen, war einer meiner Wunschvereine. Das liegt supernah an meiner Heimat, hier haben Leute aus meiner Heimatstadt wie Kamil Piskac und Vladi Suma gespielt. Da wusste ich einfach, da will ich auch hin.“ Nachdem er nun in den letzten drei Jahren zusammen mit Oliver Krechel das Torhüter – Gespann beim HSC 2000 bildete, hat er nun seit Sommer mit Konstantin Poltrum einen neuen Kollegen an seiner Seite. „,Konsti‘ ist ein sehr junger und ehrgeiziger Torwart. Ich komme mit ihm super klar und wir verstehen uns sehr gut. Er ist super offen, sehr nett und er wird seinen Weg als Torwart machen, davon bin ich überzeugt.“ Spürbar weniger begeistert ist „Wolle“ aber nach wie vor von der neuen Regel mit einem zusätzlichen Feldspieler: „Wenn man 37 Jahre ist und muss immer raus und rein rennen, dann ist das nicht das, was man sich unbedingt wünscht. Den Handball hat das meiner Meinung nach schon ein bisschen verändert. Ob im Guten oder Schlechten, da muss sich jeder seine eigene Meinung bilden.“  Keine zwei Meinungen gibt es allerdings darüber, dass der sympathische Keeper ebenso wie die gesamte neuformierte HSC – Mannschaft bislang eine hervorragende Saison spielt. „Wir spielen im Moment als Mannschaft und jeder kämpft für den anderen und wir helfen uns gegenseitig und spielen miteinander. Wir reden auch sehr viel über Handball. Es macht Spaß im Moment, es läuft und so soll es auch bleiben.“ Und Spaß am Handball hat der 37jährige nach wie vor und würde gerne noch einige Zeit auf dem Feld stehen. „Ich möchte natürlich solange spielen, wie das sportlich Sinn und Spaß macht und man verletzungsfrei bleibt.“ Hat der bekennende Familienmensch Kulhanek, der sich stets auch sehr akribisch auf den nächsten Gegner vorbereitet, dennoch schon einen Plan für die Zeit danach? „Natürlich habe ich auch Pläne für die Zukunft. Wir haben in der Familie darüber schon gesprochen, wir wollen nach meiner Karriere wieder zurück nach Tschechien gehen in meine Heimatstadt Lovosice. Ich habe viele Ideen, aber ich lasse das auch ein wenig spontan auf mich zukommen.“

Bericht von Gerd Nußpickel

Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)