Beim VfL Lübeck-Schwartau ist der Ausgang für den HSC 2000 Coburg völlig offen. Hagelin und Timm wieder dabei, Weber fällt weiterhin aus.

Erst die Ostsee, dann fränkische Handball-Festtage – der November hat gleich alles parat für den HSC 2000 Coburg. Der Spitzenreiter der 2. Handball-Bundesliga will zeigen, dass die erste Saisonniederlage gegen Essen ein Patzer war. „Wir haben Hunger auf mehr“, so hat es Coburgs Coach Jan Gorr formuliert. Aber landen nach gut 1.100 Kilometern die Punkte diesmal mit in Coburg? Das ist die entscheidende Frage vor dem Gastspiel des HSC 2000 am morgigen Freitagabend beim VfL Lübeck-Schwartau (Anwurf um 19.30 Uhr). Denn die Hansehalle gilt als eines der schwierigsten Auswärtspflaster der Liga. Das bekam 2017 der nächste Coburger Auswärtsgegner Rimpar schmerzlich zu spüren, denn die Ostseeler haben damals den Unterfranken (nächster Auswärtsgegner des HSC) am letzten Spieltag den Aufstieg in die erste Liga vermiest.

Die Mannschaft von Jan Gorr hat unterschiedliche Erfahrungen an die Trips in die Hansestadt. 2015 gab es eine 20:32 Klatsche, 2016 trotzten die Coburger den Lübeckern ein 21:21-Unentschieden ab, verloren aber im Jahr 2017 dort ihr Auftaktspiel am ersten Spieltag. Es waren sportlich immer auf hohem Niveau stehende, jedoch umkämpfte Spiele mit viel Emotionen. „Natürlich haben wir dort schon gewaltig Schiffbruch erlitten“, so Jan Gorr in Erinnerung an die bisherigen Partien in der Hansehalle. „Es wird aber auch diesmal eine reizvolle Angelegenheit in einer schönen Gegend, von der wir allerdings nicht viel haben werden.“ Und das, obwohl die Coburger nach ihrem Vormittags-Training bereits am heutigen Tag an die Ostsee anreisen.

Sie müssen sich auf durchaus ungewöhnliche Aufstellungen gefasst machen, die Torge Greve, Trainer des VfL Lübeck-Schwartau, im Köcher hat. So schickte er in der Partie gegen Dormagen nicht seine Scharfschützen Antonio Metzner und Pawel Genda, der zuletzt verletzt fehlte, auf den Halbpositionen ins Feld, sondern Rechtsaußen Jasper Bruhn und Markus Hansen, Tim Classen agierte als Spielmacher. Doch die Mannschaft von Jan Gorr ist auf alles gefasst: „Wir müssen kühl unseren Stiefel durchspielen und dürfen uns nicht beeindrucken lassen“, so Gorr. Beeindrucken auch nicht von der bisherigen tollen Heimbilanz von 10:0 Punkten. Die die Lübecker sind als einzige neben Ferndorf und Balingen-Weilstetten in eigener Spielstätte noch mit „weißer Weste“. Eine Auswärtsschwäche mit 2:8 Punkten verhindert derzeit eine bessere Platzierung. „Deswegen sind Punkte dort wertvolle Punkte“, weiß Gorr und seine Mannschaft soll die möglichst mit nach Hause nehmen. Denn der Heimdominanz des Gegners kann der HSC seine Auswärtsstärke entgegenstellen. Als einziges Team der Liga sind die Coburger in fremder Halle noch ohne Niederlage. Zudem kehren nach ihren Bänderverletzungen Markus Hagelin wieder zurück und auch Marcel Timm, der sich gegen Essen trotz der Blessur in den Dienst der Mannschaft stellte, ist wieder richtig fit.

Im Angriff des Gegners hat Gorr vor allem Metzner, der 2019 in die erste Liga nach Erlangen wechseln wird, und Podpolinski im Auge, die neben Schult und Hansen für die Qualität der Lübecker sprechen. Hinzu kommt mit Dennis Klockmann ein Torwart, der schon mal im Alleingang Spiele gewinnen kann und zudem der Siebenmeter-Killer in der Liga mit elf parierten Strafwürfen ist.

Da müssen sich die Coburger an der Ostsee einmal mehr auf eine „steife Brise“ gefasst machen, die ihnen entgegenweht.

Die Akteure

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Fabian Apfel, Konstantin Poltrum; Marcel Timm, Pontus Zetterman, Anton Prakapenia, Max Jaeger, Christoph Neuhold, Markus Hagelin, Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß, Florian Billek, Jakob Knauer, Tobias Varvne Es fehlen: Sebastian Weber, Petr Linhart, Philipp Barsties Trainer: Jan Gorr

VfL Lübeck-Schwartau: Marino Mallwitz, Dennis Klockmann; Thees Glabisch, Markus Hansen, Fynn Ranke, Martin Waschul, Jan Schult, Sebastian Damm, Pawel Genda (?), Steffen Köhler, Janik Schrader, Finn Kretschmer, Jasper Bruhn, Antonio Metzner, Tim Claasen (?), Toni Podpolinski (?) Trainer: Torge Greve

Schiedsrichter: Martin Thöne und Marijo Zupanovic

Die Lage in der Liga

Nach der ersten, aber auch letzten Pause in der Vorrunde geht es für die Teams nun ohne Unterbrechung weiter bis zum ersten Rückrundenspieltag am zweiten Weihnachtsfeiertag – zehn Spiele stehen bis dahin am dem Programm inklusive eines von vielen ungeliebten Doppelspieltages mit Spielen am Freitag und am Sonntag am nächsten Wochenende. Zuvor wird interessant, wie HSC-Verfolger TUSEM Essen sich gegen den Erstliga-Absteiger TV Hüttenberg schlägt, die nach schwankendem Saisonauftakt so langsam ins Rollen zu kommen scheinen, zuletzt Lübeck besiegt haben und sich aufmachen in die obere Tabellenhälfte. Genauso offen ist das Duell der Teams auf den Plätzen dahinter – TuS Ferndorf auf Rang drei und TuS Nettelstedt-Lübbecke auf Rang vier. Hier geht es darum, wer erster Verfolger des Spitzen-Duos bleibt.

Beim ASV Hamm Westfalen (empfangen die HSG Nordhorn-Lingen) wird entschieden, wer im weiteren Verfolgerkreis bleiben wird. Der Spieltag hält somit drei Partien parat, in denen von den ersten acht der Tabelle sechs Teams in Direkt-Duellen um Punkte kämpfen. Neben Essen spielte lediglich der Tabellen-Sechste HBW Balingen-Weilstetten (am Mittwochabend gegen den EHV Aue – bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) gegen ein Team hinter Rang acht. Der Spieltag kann somit viel Bewegung ins Vorderfeld der Tabelle bringen, da die Teams zwischen Rang eins und auch nur durch sechs Zähler voneinander getrennt sind.

Notizen am Rande

15.000 – 14.982 Feldtore haben die Coburger seit ihrem ersten Auftritt im Jahr 2000 erzielt, in Lübeck wird wohl der 15.000 Treffer fallen. Hinzu kommen 2.127 verwandelte Strafwürfe. 159 davon gehen auf das Konto von Florian Billek, der mit seinem persönlich letzten Treffer gegen Essen den letzten Hunderter vor dem Tausender gemacht hat. Der Rechtsaußen kommt derzeit auf genau 900 Tore für den HSC.

Sieben – Wie gefährlich das Pflaster Lübeck ist zeigt auch ein Blick auf deren Saisonbilanzen. Der letzte der drei Erstligaaufstiege (1990, 1993,1998) liegt zwar weiter zurück als der letzte große Erfolg mit dem Pokalsieg 2001. Doch die Lübecker „schnupperten in den vergangenen zehn Jahren mehrmals wieder an der ersten Liga. Im Durchschnitt der letzten Dekade erreichen sie einen tollen siebten Platz, sieben Mal sprang ein einstelliger Tabellenplatz heraus. Wäre die Aufstiegsregelung in der vergangenen Saison nicht geändert worden, wären sie als Tabellendritter jetzt in Liga Eins.

831 – in der Partie gegen Essen wurde Dominic „Bobo“ Kelm reaktiviert, da Markus Hagelin und Marcel Timm aufgrund von Bänder-Verletzungen nur beschränkt einsatzfähig waren. Er absolvierte sein 304. Spiel für die Coburger und war auch einmal erfolgreich. In der offiziellen Trefferliste taucht dieses Tor jedoch nicht auf, da es versehentlich Felix Sproß zugeschrieben wurde. Trotzdem war es „Bobos“ 831. Treffer für den HSC.

Bericht von Ralph Bilek
Bild von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)