2. Handball-Bundesliga – Nach einem Fünf-Tore-Rückstand wachten die Coburger auf und führten nach der Pause selbst mit vier Treffern. Doch der Tabellenvorletzte Wilhelmshavener HV drehte die Partie
Im Duell des Tabellenvorletzten gegen den Tabellenzweiten war dieser Unterschied nur gut 20 Minuten lang zu spüren. Für den HSC 2000 Coburg zu wenig, um vom Wilhelmshavener HV die Punkte mitzunehmen. Am Ende stand eine bittere 27:29-Niederlage zu Buche und die Erkenntnis gegen das Schlusstrio der Liga bereits fünf Punkte abgegeben zu haben.
Deswegen konnte kein HSCler zufrieden sein. Zettermann und Varvne hatten einen rabenschwarzen Tag erwischt, das konnten ihre Mitspieler, allen voran Prakapenia und Knauer nicht kompensieren. Insbesondere der Youngster wurde nach seinen sechs Toren bis zur 32. Minuten danach von der WHV-Abwehr bei fast jedem Ballkontakt niedergerungen. Überhaupt durften die Verteidiger der Gastgeber ungeahndet mit allen möglichen Mitteln am Kreis gegen Sebastian Weber arbeiten, der dadurch komplett aus dem Spiel genommen war.
Wilhelmshavener HV – HSC Coburg 29:27 (13:16)
Schon den klar besseren Start hatten die Gastgeber – ein Fehlpass von Varvne, ein Pfostentreffer von S. Weber, ein riskanter Pass von Prakapenia und schon stand es 3:0. Besser wurde es auch danach nicht, obwohl Gorr eine frühe Auszeit nahm. Die Ballführung der Coburger war viel zu riskant, die Pässe weiter zu ungenau. Das körperbetonte Spiel der WHV-Deckung führte dazu, dass im HSC-Angriff der Überblick verloren ging.
Das zeigte sich auch im schnellen Spiel nach vorne, wo der besser positionierte freie Mann mehrmals übersehen wurde. In der Abwehr hatten die Coburger zudem Probleme, die Rückraumachse Schwolow, Konitz, Drechsler in den Griff zu bekommen. Konstantin Poltrum kam für Jan Kulhanek ins Tor, der behandelt werden musste und nicht mehr zurückkehrte. Doch nach und nach kam der HSC besser ins Spiel, profitierte nun auch von einfachen Fehlern der Gastgeber.
Die Riesenchance zur ersten Coburger Führung vergab nach 18 Minuten jedoch Florian Billek, der alleine auf das Tor von Dennis Doden zugelaufen war, den Ball aber nicht am WHV-Torhüter vorbei brachte. Der Gegenzug brachte eine Zeitstrafe gegen Hagelin und die erneute Führung der Gastgeber. Wenig später vergab der Coburger Rechtsaußen einen Strafwurf und trotzdem war er es nach 24 Minuten, der die erste HSC-Führung markierte.
Sproß und Knauer glänzten
Dafür mit verantwortlich waren die Youngster beim HSC, Felix Sproß und Jakob Knauer. Vor allem Knauer scheint einen besonderen Schwung aus dem U21-Nationalteam-Lehrgang mitgenommen zu haben, bis zum Wechsel war er fünf Mal erfolgreich. Hervorzuheben ist sein Spiel im Eins gegen Eins, mit dem er seinen Gegenspieler mehrmals düpierte und zur Krönung ein „Empty-Net-Goal“ aus dem eigenen Wurfkreis hinterher setzte. Mit bis zur Pause nie erwarteten drei Treffern zog der HSC erst einmal davon.
Gastgeber steigerten sich
Mit einem sehenswerten Rückraumtreffer bei angezeigtem Zeitspiel eröffnete dann erneut Knauer den Torreigen nach dem Wechsel. Doch die Gastgeber zeigten, dass sie nicht gewillt waren den Coburgern weiter das Feld zu überlassen. Sie verkürzten jetzt ihrerseits wieder auf einen Treffer, standen in der Abwehr offensiver und ließen wie schon zu Beginn ein geordnetes Passspiel des HSC nicht zu. Die reagierten darauf jedoch, verstärkten ihre Laufarbeit ohne Ball um hinter die Abwehrreihe zu kommen. Das gelang zunächst auch, aber in der Abwehr bekam man in der Folge kaum noch einen Zugriff auf den Rückraum der Gäste, kassierte Zeitstrafen, die mehrmals auch auf der anderen Seite fällig gewesen wären.
Hart ging es zu Sache
Denn fast ausschließlich mannbezogen agierte die WHV-Abwehr, besonders Knauer und Prakapenia wurden mehrmals überhart genommen. Doch lange gelang es den Coburgern trotz aller Widrigkeiten den Gegner knapp auf Distanz zu halten. Unter dem ohrenbetäubenden Lärm seiner Fans schaffte Wilhelmshaven nach 44 Minuten den Ausgleich.
Der HSC fand jetzt kaum noch spielerische Lösungen gegen die aggressive, offensivere WHV-Abwehr. Prakapenia war zwischen der 40. und 58. Minute „Tor-Alleinunterhalter“ in seinem Team, das sich dank seiner Tore sogar noch einmal auf zwei Treffer absetzen konnte.
Doch in der „Crunch-Time“ war es dann um Coburg geschehen. Aus einem 24:26 machten die Gastgeber mit ihrer überragenden Rückraumreihe Konitz, Schwolow, Drechsler, die auf 18 Tore kam und damit den HSC-Rückraum klar ausstach, ein 28:26.
Die gute Phase der Mannschaft von Jan Gorr, die aus einem 1:6 ein 16:12 machte, war da längst vergessen und gegen engagiert an der Grenze des Erlaubten zu Werke gehende WHVler waren 20 Minuten guter Handball zu wenig.
Bleibt abzuwarten ob WHV-Coach Christian Köhrmann mit seiner im Vorfeld geäußerten Ansicht, „die zwei Punkte bei uns braucht der HSC nicht zum Aufstieg“ recht behält.
Trainerstimme
HSC-Trainer Jan Gorr: „Es war ein sehr wechselhaftes Spiel gegen couragiert auftretende Gastgeber. Wir schaffen es nach dem Rückstand durch gutes Positionsspiel und Tempospiel die Partie zu drehen. In der zweiten Halbzeit hat sich das Blatt dann wieder gewendet.
In der Abwehr haben wir keinen Zugriff mehr bekommen und im Angriff viele Situationen nicht clever genug gelöst, uns zu viel in Zweikämpfe verstricken lassen. Das müssen wir einfach klüger lösen. Das ist uns nicht gelungen. Deswegen sind die beiden Punkte zu Recht in Wilhelmshaven geblieben.“
Wilhelmshavener HV – HSC Coburg 29:27 (13:16)
Wilhelmshavener HV: Dennis Doden, Angelo Grunz, Frederick Lüpke; Rutger ten Velde (3), Sebastian Maas, Fabrice Lehmann, Miladin Kozlina, Duncan Postel (3), Kuno Schauer, Evgeny Vorontsov (4/2), Janik Köhler, Bartosz Konitz (5), Matej Kozul (1), Tobias Schwolow (5), Rene Drechsler (8), Yannick-Marcos Pust. – Trainer: Christian Köhrmann.
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum; Markus Hagelin, Maximilian Jaeger (2), Lukas Wucherpfennig, Felix Spross (2),Dominic Kelm, Sebastian Weber, Anton Prakapenia (10), Florian Billek (6/2), Jakob Knauer (6), Pontus Zettermann, Tobias Varvne (1), Patrick Weber. – Trainer: Jan Gorr.
SR:Jan Krüger / Björn Schmidt.
Spielfilm: 3:0 (4.), 3:1 (5.), 6:1 (7.), 6:3 (9.), 7:3 (10.), 7:5 (13.), 8:5 (15.), 8:8 (17.), 10:10 (20.), 11:12 (24.), 11:13 (25.), 12:16 (30.), 13:16 – 13:17 (31.), 16:18 (35.), 18:19 (37.), 20:21 (41.), 22:23 (45.), 23:25 (48.), 24:26 (52.), 28:26 (58.), 29:27.
Zuschauer: 1002.
Siebenmeter: 2/2 – 2/3 (Billek scheitert an Grunz).
Strafminuten: 8 (Schwolow, Konitz, Kozul, Postel) – 10 (Varvne, Prakapenia 4, Hagelin 4).
Beste Spieler: Drechsler, Konitz – Knauer, Prakapenia.
Bericht von Ralph Bilek
Bild von Iris Bilek