Der HSC Coburg will in den letzten vier Saisonspielen acht Punkte holen und hofft auf fremde Unterstützung. Doch das Auswärtsspiel beim heimstarken Aufsteiger TuS Ferndorf wird kein Selbstläufer.
Ein Gastspiel beim besten Aufsteiger, der in eigener Halle nur vier Partien verlor, steht für den HSC 2000 Coburg als viertletzte Aufgabe der Zweitliga-Saison an. Wenn die Vestestädter am Samstagabend (Anwurf um 19.30 Uhr) beim Tabellenachten TuS Ferndorf antritt, ist ein Sieg Pflicht.
Zusätzliche Warnung sollte für die Mannschaft von Jan Gorr sein, dass dies nicht etwa Niederlagen gegen Top-Teams waren, im Gegenteil. Alle in der Tabelle vor Ferndorf liegenden Teams mussten dort Punkte liegen lassen. Niederlagen gab es kurioserweise dagegen gegen Aue, Rimpar, Großwallstadt und Hagen.
„Ferndorf hat eine positive Entwicklung genommen, überzeugt wegen seiner Heimstärke“, weiß Gorr, dass es mehr als einer durchschnittlichen Leistung bedarf, um dort zu bestehen. Dort weitermachen, wo Weber, Billek und Co. gegen Balingen aufgehört hatten. „Auch wenn wir tabellarisch auf der Stelle treten, diese starke Leistung sollte uns Selbstvertrauen geben“, sagt Gorr.
Denn das sei unabhängig vom Ausgang ein echtes Handball-Highlight gewesen. Ein solches muss Coburg auch in den letzten vier Spielen setzen, die Punkteausbeute sollte dabei genauso hoch sein wie in der Hinrunde, also 8:0 Punkte. Nur so bleibt eine Aufstiegschance bestehen!
Gegner lebt von Emotionen
Doch was braucht der HSC um in der Sporthalle Stählerwiese zu bestehen? „Die hat was Besonderes, gemeinsam mit dem Publikum leben wir hier von den Emotionen“, stellt Ferndorfs Trainer Michael Lerscht fest.
„Zum Großteil wird es darauf ankommen, dass wir es schaffen, deren Defensive auszuhebeln“, hat Gorr eine Stärke beim Gegner ausgemacht. Dort wo der HSC Markus Hagelin hat, dessen Weggang Lerscht als herben Verlust bezeichnet, steht bei den Nordsiegerländern Branimir Koloper. Vor allem an ihm müssen die Coburger Angreifer vorbei oder mehr Konter fahren.
Dazu müssen in der eigenen Deckung aber erst mal die Bälle her. Das wird gegen die von Jonas Faulenbach geleitete Offensive mehr als schwierig. „,Fauli‘ kenne ich schon aus Hüttenberger Zeiten, dort ist er groß geworden. Das ist ein extremer Aktivposten im Rückraum und gut im Eins gegen Eins, somit anspruchsvoll zu verteidigen.“
Gorrs Marschroute mit seinem Team ist dabei klar definiert: „Wir wollen den Druck auf die Teams vor uns aufrechterhalten. Dabei gibt es nichts zu taktieren, das Heft des Handelns soll bei uns liegen. In diesem Endspurt werden wir noch einmal alles einbringen.“
Doch egal wie es ausgeht, Coburg hat schon jetzt eine tolle Runde gespielt, und auch Lerscht hat festgestellt: „In dieser 2. Liga wirst du nie einen Aufstieg planen können. Dazu gibt es zu viele Vereine, die daran interessiert sind. Und im kommenden Jahr wird das noch einmal intensiver. Im Abstiegskampf zwar nicht, doch die beiden Aufstiegsplätze zur 1. Bundesliga werden wieder sehr umkämpft sein.“
Die Akteure
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum; Markus Hagelin, Maximilian Jaeger, Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß, Marcel Timm, Sebastian Weber, Anton Prakapenia, Florian Billek, Jakob Knauer, Pontus Zetterman, Christoph Neuhold, Patrick Weber. Trainer: Jan Gorr. – es fehlen: Tobias Varvne, Petr Linhart, Philipp Barsties.
TuS Ferndorf: Kai Bastian Rottschäfer, Lucas Puhl, Tim Hottgenroth; Jonas Faulenbach, Marijan Basic, Erik Irle, Mattis Michel, Magnus Neitsch, Jan Wörner, Lukas Zerbe, Julian Schneider, Moritz Barwitzki, Julius Lindskog Andersson, Branimir Koloper, Jonas Müller, Thomas Rink. Trainer: Michael Lerscht.
SR: Christian Moles / Lutz Pittner
Die Lage in der Liga
Auf Coburgs Aufstiegskonkurrent auf Platz Zwei, die HSG Nordhorn-Lingen, wartet am kommenden Spieltag die kniffeligste ihrer noch vier Aufgaben. Zwei Punkte und 24 Tore liegen sie derzeit vor dem HSC. Zu Gast ist Erstligaabsteiger TuS Nettelstedt-Lübbecke, den eigenen Erwartungen weit hinterher hinkend. Doch dafür, dem Tabellenzweiten die zweite Heimniederlage der Saison beizubringen, sind sie allemal gut. Heimniederlagen kennt auch HBW Balingen-Weilstetten kaum noch. Am 08.12.2017 unterlagen sie 29:30 dem Bergischen HC, am 22.12.2017 mit 23:24 der SG BBM Bietigheim, den späteren Aufsteigern. Dann folgte am 07.02.2018 ein 33:37 gegen Eintracht Hagen und eine dritte Heimniederlage in Serie. Seit dem 27:22-Sieg über den HSC vom 23.02.2018 sind sie in eigener Halle ohne Punktverlust und wollen das auch gegen TuSEM Essen fortsetzen.
Am anderen Ende der Tabelle ist die Luft in Sachen Nichtabstieg für den Wilhelmshavener HV und den Dessau-Roßlauer HV mit vier Punkten Abstand zum rettenden Ufer bereits extrem groß. Beide müssen nun ihre wohl letzte Chance ergreifen. Die Dessauer spielen gegen den TSV Bayer Dormagen, die den ersten Nichtabstiegsplatz einnehmen, Wilhelmshaven tritt beim davor liegenden HC Elbflorenz an. Die allerdings haben nach dem Trainerwechsel 7:1 Punkte geholt, müssen aber trotzdem noch zittern.
Notiz gegen Rande
Dart-Night – Julian Schneider, lange verletzter Rückraumakteur der Ferndorfer, ist nicht nur beim Handball treffsicher. Bei einer von seinem Verein durchgeführten Dart-Night setzte er sich vereinsintern durch. Der Lohn war ein Match in der Siegerlandhalle gegen den 16-maligen Dart-Weltmeister Phil „The Power“ Taylor.
Meistertrainer – Christian Caillat, 2009/2010 beim HSC 2000 Coburg aktiv, hat zum zweiten Mal in Folge mit seinem Team den Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse geschafft. In der vergangenen Saison gelang es ihm mit dem Bundesliga-Nachwuchs, den Füchsen Berlin II, aktuell führte er den TV Jahn Duderstadt, gegen den Coburg auch bereits in der 2. Liga gespielt hat, aus der fünften Liga (Verbandsliga) zurück in die Oberliga.
Aufstiegstrainer – Heiner Bültmann, seit 2006 an der Seitenlinie bei der HSG Nordhorn-Lingen, hält mit seinem Team gegenüber Coburg nun alle Trümpfe in der Hand. Elf Jahre nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte mit dem Gewinn des EHF-Pokals 2008 und zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg aufgrund einer Insolvenz steht der deutsche Vizemeister von 2002 nun kurz vor der Rückkehr ins Handball-Oberhaus. Bis auf eine Ausnahme (Platz zehn 2011/2012) belegten die Nordhorner immer einen einstelligen Tabellenplatz in der zweiten Liga.
Magische Grenze – Bislang hat nur TuSEM Essen die 1.000er Tore-Marke geknackt, am kommenden Spieltag werden weitere Teams folgen, vermutlich auch der HSC 2000. Ihnen fehlen noch 24 Treffer. 20 Tore sind es noch für Florian Billek bis er als zweiter Spieler nach Ronny Göhl (1.331) diese magische Grenze an Toren im Trikot des HSC erreichen kann.
Bericht von Ralph Bilek
Bild von Henning Rosenbusch