Der HSC 2000 Coburg wirbelt Verfolger ASV Hamm-Westfalen mit 36:28 auseinander. Im Angriff glänzen Florian Billek und Andreas Schröder mit elf bzw. acht Toren, im Tor steht einmal mehr Jan Kulhanek seinen Mann.
Der HSC 2000 Coburg und der ASV Hamm-Westfalen boten den 2851 Zuschauern in der HUK-Arena am Samstagabend ein Hochtempospiel, ein wahres Handball-Spektakel. Mit einem 36:28-Erfolg revanchierte sich Coburg für die bittere Niederlage an gleicher Stelle im Mai. Beim HSC brillierte Florian Billek, der alle seine elf Würfe im gegnerischen Tor versenkte, und ein in der Abwehr rackernder und im Angriff kaum zu stoppender Andreas Schröder. Fast schon obligatorisch war die bärenstarke Leistung von Torhüter Jan Kulhanek, der vor dem Spiel seinen Vertrag verlängert hatte.
Aufseiten der Westfalen war der ehemalige HSCler Stefan Lex nahezu auf sich alleine gestellt. Trotzdem hatten die Hammer ihren Anteil an dieser packenden Partie, weil sie Coburg vor immer neue Aufgaben stellten – ohne durchschlagenden Erfolg. Siebter Feldspieler, Manndeckung gegen Tobias Varvne, 4:2-Deckung – alles verpuffte gegen berauscht aufspielende Coburger. „Das war eine dominante Leistung mit den richtigen Antworten auf die vom Gegner gestellten Aufgaben“, war HSC-Coach Jan Gorr voll des Lobes.
HSC 2000 Coburg – Hamm-Westf. 36:28 (19:13)
Als Dominic „Bobo“ Kelm gut eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff der Partie Stühle durch die Halle trug, war klar, dass die etatmäßigen Kreisläufer Sebastian Weber und Stepan Zeman ihre Verletzungen überwunden hatten. Kelm nahm es mit einem Schmunzeln: „Für mich hat es nicht mehr gereicht“, so der „Stand-by-Zweitligaspieler“. Dafür gab es neue schlechte Nachrichten aus dem Rückraum. Christoph Neuhold laboriert an muskulären Problemen an der Wade. Sein Einsatz war unmöglich, die Ausfallzeit ist noch offen. Ihn selbst ärgerte es am meisten, war Hamm doch seine erste Station hierzulande.
Gleich der erste Coburger Treffer war sehenswert herausgespielt: Max Jaeger wurde von Schröder per Rückhandanspiel bedient. Nachdem Lex eine schnelle Zwei-Minuten-Strafe kassiert hatte, machte Coburg machte zu wenig aus seinen Optionen. Erst scheiterte Weber, kurz darauf Jaeger frei vor einem weiteren Ex-Coburger, Oliver Krechel, im Tor. Anstatt 4:1 stand es 2:2, ehe sich Marcel Timm energisch gegen zwei Gästespieler durchsetzte. Die ersten gut fünf Minuten brachten einen Vorgeschmack auf das, was noch zu erwarten war. Dazu gehörten auch überragende Paraden von Kulhanek, die eine Drei-Tore-Führung ermöglichte. ASV-Coach Kay Rothenpieler nahm zu diesem Zeitpunkt die Auszeitkarte in die Hand, wartete noch einen Angriff ab und justierte dann sein Team neu.
Die Hammer spielten danach eine Zeitstrafe fast komplett herunter, doch dann kam die Minute des Florian Billek. Erst brachte er losgeschickt von Pontus Zetterman einen Konter im Gehäuse von Krechel unter, mit dem er danach zusammenstieß, was für beide ohne Folgen blieb. Dann erhaschte er einen Querpass von Lex und überraschte damit auch Krechel, der an der Seitenlinie mit der Bank diskutierte. Der HSC-Rechtsaußen traf zum 9:3 ins leere Tor.
Nicht nur dafür gab es von den frenetischen Zuschauern Szenenapplaus, sondern auch für die aufmerksame Deckungsarbeit, bei der um jeden Ball gekämpft wurde. In dieser Phase gelang Coburg einfach alles.
Hamm kam überhaupt nicht ins Spiel – Rothenpieler reagierte nach einem Sieben-Tore-Rückstand mit der zweiten Auszeit – Coburg wurde etwas leichtsinnig ob dieser Führung. Endlich zeigten auch die Gäste, weshalb sie direkt hinter dem HSC in der Tabelle rangieren. Kreisanspiele kamen zum Mann, zudem unterbanden sie mit einer 5:1-Abwehr den Spielfluss im HSC-Rückraum.
Fünf Minuten vor dem Pausenpfiff hatten die Coburger mit zwei Mann in Unterzahl eine kritische Phase zu überstehen, und zudem in diesen Minuten nicht unbedingt die Pfiffe der Unparteiischen auf ihrer Seite. Mit Pfiffen bedacht wurde ab diesem Zeitpunkt Lex, der nach Meinung der Fans eine Rote Karte gegen Varvne provozieren wollte. Doch der HSC ging letztlich mit einem 2:2 aus der Unterzahl heraus.
Auch nach dem Wechsel ging es im atemberaubenden Tempo weiter. Nach 50 Sekunden waren drei Treffer gefallen, Coburg wieder auf sieben Tore weg. „Macht doch mal ruhig“, kam es dann aus Munde von Gorr, als seine Mannen auf dem Feld zu wild weiterwirbeln wollten. Denn anderes als Hamm, das sein Heil in der Flucht nach vorne suchen musste, hatte Coburg mehrere Optionen. Denn die Trefferquote würde nicht bei den 87 Prozent bleiben, wo sie nach 40 Minuten stand. Oder doch? Am Ende waren es tatsächlich immer noch 77 Prozent.
Die Hammer gaben sich trotz allem noch lange nicht geschlagen. Obwohl der klare Rückstand kaum aufholbar war, versuchten sie alles, um ihn wettzumachen. Rothenpieler hatte taktisch viel probiert, aber dem HSC war schwer beizukommen. Auch auf die Manndeckung von Varvne wussten die Hausherren die richtige Antwort. Wie von Gorr gefordert, machten sie nun eher ruhig, spielten ihre Angriffe länger aus. Zwölf Minuten vor dem Abpfiff zog der Gästetrainer seinen letzten Trumpf – den siebten Feldspieler, stellte das Experiment aber nach vier Minuten ein. Es blieb beim ungefährdeten Heimsieg, der gebührend mit einer „Humba“, angestimmt von Marcel Timm, gefeiert wurde.
HSC 2000 Coburg – ASV Hamm-Westfalen 36:28 (19:13)
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (20 Gegentore, 16 Paraden), Konstantin Poltrum (8 Gegentore, 1 Parade) – Maximilian Jaeger (4), Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß (4), Sebastian Weber, Florian Billek (11/5), Marcel Timm (3), Pontus Zetterman (1), Girts Lilienfelds, Tobias Varvne (4), Stepan Zeman (1), Andreas Schröder (8) Trainer: Jan Gorr
ASV Hamm-Westfalen: Felix Storbeck (14 Gegentore, 2 Paraden), Oliver Krechel (22 Gegentore, 4 Paraden) – Fabian Huesmann (9/5), Oliver Milde (1), Jan Brosch (1), Markus Fuchs, Alex Rubino Fernandez, Jakob Schwabe (3), Stefan Lex (11), Ivar Stavast (1), Sören Südmeier (2), Vyron Papadopoulos, Merten Krings, Jan Pretzewofsky, Marten Franke Trainer: Kay Rothenpieler.
SR: Michael Kilp/Christoph Maier
Spielfilm: 1:1 (1.), 2:2 (6.), 4:2 (7.), 6:3 (11.), 7:3 (14.), 9:3 (15.), 10:5 (17.), 12:5 (18.), 12:7 (20.), 14:10 (23.), 15:10 (24.), 15:11 (26.), 17:13 (27.), 19:13 – 21:14 (31.), 23:15 (33.), 24:16 (36.), 27:19 (39.), 28:21 (42), 29:21 (43.), 31:24 (47.), 33:24 (51.), 35:27 (56.), 36:28
Zuschauer: 2851
Siebenmeter: 5/5 – 5/5
Strafminuten: 6 (Zeman, Jaeger, Varvne) – 8 (Franke, Lex, Milde, Fuchs)
Beste Spieler: Schröder, Kulhanek, Billek – Huesmann, Lex
Stimmen zum Spiel
Jan Gorr (HSC-Trainer): „Wir hatten noch dieses letzte Spiel aus dem Mai im Gepäck und heute aber schwächere Phasen überstanden, insgesamt dominiert. Die sehr gute Deckung, mit der wir toll ins Spiel gefunden haben, konnten wir allerdings nur zu zwei Dritteln halten. Wir haben immer wieder Lösungen gefunden und mit viel Geschwindigkeit agiert.“ Kay Rothenpieler (ASV-Trainer): „Viele technische Fehler, Zeitstrafen, wenig Dagegenhalten – das Spiel hat begonnen, so wir es nicht wollten. Das war heute zu wenig. Was wir auch probiert haben, Coburg hat dagegengehalten und uns auseinandergenommen. Wir sind, auch mental, nicht richtig in diese Spitzenpartie reingekommen. Das überragende Spiel von Stefan Lex war zu wenig.“
Bericht: Ralph Bilek
Bild:Henning Rosenbusch