Florian Billeks Emotionen fehlten
Ein Grund für die bittere Auswärtsniederlage war auch das Fehlen von Florian Billek. Obwohl ihn Lukas Wucherpfennig würdig vertrat und regelmäßig traf (7 Mal), vermissten die wenig mitgereisten HSC-Fans Billeks Emotionen. Mit seiner außergewöhnlichen Körpersprache riss er nämlich in den letzten Wochen die Anhänger regelrecht mit und spornte seine Mitspieler zu Höchstleistungen an. Von dieser Bestleistung waren die HSC-Spieler jedoch am Freitagabend meilenweit entfernt.
Dabei sah es lange Zeit gar nicht nach einer Pleite aus, denn bis weit in die Crunchtime hinein lagen die favorisierten Coburger mit einer soliden Leistung in Führung. Doch eine indiskutable Wurfschwäche in den letzten Minuten sorgte für späte Ernüchterung im schwarz-gelben Lager. VfL Lübeck-Schwartau – HSC 2000 Coburg 31:27 (13:14)
Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase, in der die Gastgeber bis zur 10. Minute ständig vorlegten, war die erste Führung für die Coburger zum Zungenschnalzen: Zetterman bediente Kreisläufer Timm per flachen Rückhand-Anspiel und der drehte sich spektakulär um die eigene Achse. Wie er trotz Bedrängnis dann auch noch zum 5:4 einlochte, war äußerst clever.
Da sich die Coburger Abwehr langsam, aber sicher auf das Positionsspiel der Gastgeber einstellte und die erhofften Tempogegenstöße über Max Jaeger funktionierten, stand es nach 16. Minuten 9:7. Doch absetzen konnte sich der Tabellenführer nicht, denn Lübeck war bis in die Haarspitzen motiviert und glich nach 20 Minuten wieder aus (10:10). Die Zweikämpfe wurden nun bissiger, schließlich stand vor allem für den Spitzenreiter viel auf dem Spiel.
Über Wucherpfennig und Jaeger
Der HSC blieb cool und traf vor allem weiter über die Außenpositionen. Wucherpfennig steuerte bis zur Pause drei und Jaeger sogar vier Tore bei. Allerdings nutzen die Coburger ihre Überzahlsituationen schlecht.
Denn es war deutlich mehr drin. Vor allem aus dem Rückraum fehlten die einfachen Tore. Schröder, Varvne & Co. hatten ihr Visier zu hoch eingestellt. Dennoch verteidigten die Coburger bis zur Pause zumindest eine knappe Führung von einem Treffer (14:13).
Torhüter waren kein Faktor
Für Kulhanek kam Poltrum im zweiten Durchgang zum Zug. Mehr Sicherheit gab dieser Personalwechsel im Tor aber auch nicht. Beide HSC-Torhüter wurden in diesem Spiel nicht wirklich zu einem Faktor. Auch deshalb blieb die Partie eng. Coburg legte vor, Lübeck glich aus. Ein Spiel auf Augenhöhe. Und das trotz der unterschiedlichen Tabellenpositionen, schließlich spielte der Erste gegen den Elfter! Der Außenseiter steigerte sich von Minute zu Minute. Das spürten natürlich auch die Zuschauer, die plötzlich eine Überraschung witterten und mächtig Musik machten.
Die gute Stimmung auf den Rängen übertrug sich auf die Heimspieler, die nun eine starke Phase einläuteten und mit zwei Toren in Front gingen (21:19/41.). Jan Gorr reagierte, hatte gehörig Redebedarf mit seinen Männern.
Mit Erfolg: Zwei sicher verwandelte Siebenmeter von Wucherpfennig bedeuteten schnell den Ausgleich und Schröder brachte Coburg wieder in Front (24:23/48.). Als Wucherpfennig zehn Minuten vor dem Ende erstmals auf drei Tore erhöhte (26:23), schien die Vorentscheidung gefallen, denn bei den Lübeckern schwanden anscheinend die Kräfte. Hatte ihre aufwendige Spielweise doch zu viel Kraft gekostet? Schließlich waren die personellen Alternativen aufgrund von schweren Verletzungen rar. Dem war nicht so, denn die Crunchtime stand ganz im Zeichen der Lübecker. Hauptgrund: VfL-Torhüter Klockmann wuchs jetzt über sich hinaus!
HSC verlor plötzlich die Linie
Coburg verlor vorne komplett seine Linie und musste in der 57. Minute tatsächlich den Ausgleich hinnehmen. Gorr reagierte gleich doppelt: Routinier Kulhanek für Poltrum und die nächste Auszeit. Jetzt lagen auf beiden Seiten die Nerven blank. Die Zuschauer tobten, gaben ihren Frust über die eine oder andere Schiedsrichter-Entscheidung lautstark mit Pfiffen kund.
Doch kurze Zeit überwog nur noch Freude beim Großteil der 1847 Zuschauer, denn ihr Team hatte das bessere Ende. In Überzahl – Timm musste zwei Minuten vor Schluss äußerst umstritten von der Platte – spielte der Außenseiter clever.
1847 Fans aus dem Häuschen
Von der offenen Manndeckung, die Gorr als letzte Chance sah, völlig unbeeindruckt erhöhte Lübeck auf 29:17 und feierte einen unerwarteten Sieg gegen maßlos enttäuschte Coburger. Gelb-Schwarz verließ wieder einmal mit hängenden Köpfen die ungeliebte „Ostsee-Hölle“.
Bericht: Coburger Tageblatt
Foto: Iris Billek