2. HANDBALL-BUNDESLIGA – Gorr ist sich trotzdem der Favoritenstellung des HSC 2000 Coburg beim Schlusslicht HSG Krefeld bewusst.
Krefeld/Coburg – Der kommende Gegner des HSC 2000 Coburg, die HSG Krefeld, nennt sich auch „Eagles“ und befindet sich im Sturzflug zurück in die dritte Liga. Doch die Partie beim abgeschlagenen Liga-Schlusslicht auf die leichte Schulter zu nehmen und somit das Risiko einer negativen Überraschung hinzunehmen, ist so gar nicht das Ding von Coburgs Trainer Gorr. Die Vorbereitung war trotz Faschingsausklang und kleinerer Wehwehchen aus dem Hüttenberg-Spiel die gleiche wie immer.
Spätestens seit vergangenem Samstag sollte vielen ins Bewusstsein gekommen sein, warum Gorr Woche für Woche vor zu viel Aufstiegs-Euphorie warnt. Die Liga ist und bleibt eine Schlangengrube, in der ein Top-Team auch ganz schnell einmal stolpern kann. Coburg wäre das beinahe gegen den Viertletzten Hüttenberg passiert. Hamm-Westfalen hat es beim Vorletzten Emsdetten erwischt und die Westfalen stürzten von Platz Zwei auf Fünf ab. Das ist eben Alltag in dieser zweiten Liga. Deswegen wäre es fatal zu behaupten, alles andere als ein Erfolg des Spitzenreiters aus Coburg beim Schlusslicht in Krefeld wäre indiskutabel. In der Fußball-Bundesliga hat der FC Bayern letzte Woche zu spüren gekommen, wie schnell solch ein Ding in die andere Richtung laufen kann. Deswegen wiederholt Gorr gebetsmühlenartig sein Credo auch vor der Partie in Krefeld, die als einziges Erfolgserlebnis nach ihrem Aufstieg in die zweite Liga einen 30:26-Erfolg gegen Dormagen vorzuweisen haben. „Auch wenn wir in dieser Partie den Anspruch haben müssen, diese aufgrund der Tabellensituation für uns zu entscheiden, wird die Vorbereitung so sein wie auf jeden anderen Gegner auch. Das ist einmal mehr nicht so einfach im Vorbeigehen zu lösen.“
Der HSC-Trainer verweist darauf, dass Krefeld sich die Hinrunde sicherlich anders vorgestellt hatte, nun nach dem Trainerwechsel fast schon mit der Vorbereitung auf die dritte Liga begonnen hat und homogener agiert. „Sie kommen mehr über das Kollektiv, auch wenn wir auf den schnellen Ciupinski, dessen Umsicht an den Kreis und zu Nebenmann Büren ein Auge haben müssen. Außerdem agiert er oft mit Schlagwürfen.“ Das sind die neuen Säulen im Team der Krefelder. Aufgrund der sportlichen Situation hat sich die HSG nach der Vorrunde von ihrem Trainer Arnar Gunnarsson getrennt. Erst zu Saisonbeginn hatte er den Job von Aufstiegstrainer Ronny Rogawska, der seinen Vertrag kündigte, übernommen. Neuer Chef an der Seitenlinie ist der bisherige Co-Trainer Felix Linden, der schon in der Vorbereitung die Verantwortung für die Eagles trug.
Hinsichtlich seiner Mannschaft hofft Gorr, dass „Schröder nach seiner Wadenverletzung einen weiteren Schritt nach vorne macht, uns noch mehr unterstützen kann als in der letzten Woche.“ Damit würde der HSC auch flexibler agieren können zumal der „zweite Anzug“ zuletzt Luft nach oben offenbarte. Trotzdem sollte es an diesem 29. Februar, dem zusätzlichen Tag des Jahres 2020, keine zusätzlichen Zähler für das Schlusslicht aus Krefeld geben. Anwurf ist um 19 Uhr.
DIE AKTEURE
HSC 2000 Coburg: Kulhanek, Poltrum; Preller, Jaeger, Wucherpfennig, Sproß, Kelm, Weber, Billek, Timm (verletzt), Knauer, Mustafic, Zetterman, Varvne, Zeman, Schröder, Neuhold. Trainer: Gorr.
HSG Krefeld: Stammer, Dreyer, Toth; Fischmann, Schöneseifen, Cutura, Roosna, Vonnahme, Skopura, Luciano, Gentes, Schulz, Ciupinski, Brüren, Eberlein. Trainer: Felix Linden.
Schiedsrichter: Hillebrand/Umbescheidt
DIE LAGE IN DER LIGA
Drei Punkte beträgt der Abstand des HSC auf das direkte Verfolgerduo TuSEM Essen und SG BBM Bietigheim, beide im weiteren Saisonverlauf noch in Coburg zu Gast. Auf sie warten am 23. Spieltag knifflige, aber lösbare Aufgaben. Essen gastiert bei der HSG Konstanz, Bietigheim hat den VfL Lübeck-Schwartau zu Gast. Einen weiteren Zähler dahinter folgt mit dem VfL Gummersbach und dem ASV Hamm-Westfalen ein weiteres punktgleiches Duo. Die Westfalen wollen gegen den ThSV Eisenach ihren Patzer von Emsdetten beim Trainerdebüt von Aaron Ziercke (Randnotizen) wettmachen. Der VfL Gummersbach wird gegen den EHV Aue seinen Heimnimbus mit nur zwei Remis weiter wahren wollen.
In Schlagdistanz mit einem weiteren Zähler weniger und somit fünf Punkten Abstand zu Coburg ist der TV Nettelstedt-Lübbecke. Beim der hinter Krefeld zweitschwächsten Heimmannschaft TuS Ferndorf erwartet sie dennoch eine heikle Aufgabe, wobei sie sich kaum noch einen Ausrutscher erlauben dürfen, wollen sie um die Aufstiegsplätze mitreden. Die dahinter liegenden DJK Rimpar Wölfe habe „für oben“ wohl schon einen zu großen Abstand, sind beim HC Elbflorenz gefordert.
NOTIZEN AM RANDE
Klare Sache – Der 32:20-Erfolg aus dem Hinspiel gegen die HSG Krefeld ist bis dato der höchste Saisonerfolg der Coburger, gleichzeitig der einzige Sieg mit einem zweistelligen Vorsprung. Bis auf Weber und Jaeger trafen alle HSCler. In der „Glockenspitzhalle“ könnten die Coburger nun TuS Nettelstedt-Lübbecke nacheifern, die vor zwei Wochen einen 37:24-Sieg feierten.
Schnelle Hilfe – Nach dem verheerenden Brand im Affenhaus des Krefelder Zoo in der Silvesternacht war die HSG Krefeld Initiator eines Benefiz-Fußballturniers. Neben den Zweitligahandballern beteiligten sich unter dem Motto „Vier für Krefeld“ die weiteren drei großen Sportvereine Krefelds – die Fußballer vom KFC Uerdingen, die Hockeyspieler vom Crefelder HTC und sogar die Eishockeyspieler von den Krefeld Pinguinen. Für den Zoo kamen so 13.000 Euro als Spendengeldern zusammen.
Große Auswahl – Am 16. Mai 2020 steigt in Hannover das All Star Game zwischen der deutschen Nationalmannschaft und einer Bundesliga-Weltauswahl. Die Fans haben seit vergangenem Montag die Chance, ihre persönlichen Spielervorbilder durch ein Online-Voting direkt in die Liga-Weltauswahl zu wählen. Gemeinsam mit den Fans voten auch die Kapitäne und Trainer der LIQUI MOLY HBL. Die Abstimmung ist bis zum 9. März 2020 möglich.
Verschobenes Duell – Beide feierten vergangene Woche ihren Geburtstag. Doch muss sich Max Jaeger noch auf das zweite Aufeinandertreffen auf dem Spielfeld gegen Zwillingsbruder Felix gedulden. Der wechselte zur EM-Pause von den „Eagles“ zum Ligakonkurrenten HSG Konstanz, die erst Ende April in Coburg gastieren.
Lettische Zeiten – Erst verpflichtete der Tabellenvorletzte TV Emsdetten den lettischen Nationalspieler Aivis Jurdzs, der bei der EM gegen Deutschland fünf Treffer erzielte, in der EM Pause. Um den Abstieg zu vermeiden verpflichtete der „Zweitligadino“ (33. Saison) jetzt den lettischen Nationaltrainer Aaron Ziercke „hinterher“. Ziercke war in Rostock und zuletzt bei TuS Nettelstedt-Lübbecke aktiv, wo er im März 2019 freigestellt wurde. Wie sein Vorgänger Daniel Kubes, der Nationaltrainer Tschechiens ist und von dem sich Emsdetten nach mehr als fünf Jahren trennte, wird Ziercke seine Trainerfunktionen in Personalunion ausüben.
Halbes Dutzend – Wie wichtig die Torhüterleistungen in der Liga sind, zeigt sich Woche für Woche. Zwar hat HSC-Torhüter Jan Kulhanek bei der Anzahl der Paraden (190), vier Konkurrenten vor sich. Das liegt jedoch auch an seinen geringeren Einsatzzeiten, weil Konstantin Poltrum nicht selten gleichberechtigt zum Zuge kommt. Einsame Spitze ist „Wolle“, so sein Spitzname, bei den Nominierungen in die „Mannschaft der Woche“ der Fachzeitschrift „Handballwoche“. An sechs von 22 Spieltagen wurde er dafür berufen.
Bericht Ralph Bilek