Der Ex-Trainer sitzt gegen Wetzlar erstmals in dieser Saison als moralische Unterstützung mit auf der Auswechselbank.

Der HSC Coburg versucht es im Abstiegskampf in der Handball-Bundesliga mit vielen Mitteln: Im Heimspiel gegen die HSG Wetzlar kehrte Aufstiegstrainer Jan Gorr sogar auf die Trainerbank zurück. Zwar nicht als Chef, dafür aber als moralische Unterstützung. Diese überraschende Maßnahme der „Gelb-Schwarzen“ zeigte durchaus Wirkung: Beim 30:30 (13:17) holte der Tabellenletzte gegen nur in der ersten Halbzeit überzeugende Hessen aus Wetzlar einen Punkt.

Die Leistung der Coburger war vor allem nach der Pause stark. Sie steigerten sich von Minute zu Minute und verdienten sich so den erhofften Punkt. Vorstandssprecher Stefan Apfel war hochzufrieden: „Die Reaktion nach den letzten katastrophalen Auftritten war hervorragend. So wollen wir die Mannschaft kämpfen sehen.“

Das HSC-Angriffsspiel begann mit Fehlwürfen von Pouya und Schröder. Deshalb stand es nach nur fünf Minuten 0:3. Danach fingen sich die „Gelben“ 5:8 (14.). Nach einer Viertelstunde dann der erste kollegiale Wutausbruch auf der Coburger Bank, als ein vermeintliches Foul an Kreisläufer Stepan Zeman nicht gepfiffen wurde. Die Spielaufsicht musste vor allem einen zurechtweisen: Jan Gorr – da war er wieder, der Vulkan vergangener Tage… Nur eine Minute später nahm Trainer Alois Mraz eine Auszeit und beruhigte die Gemüter. Zwei gefühlvolle Heber von Florian Billek vom Siebenmeterstrich machten danach Hoffnung, doch am eigenen Kreis hatten Schröder, Zeman, Zetterman & Co. mit dem schnellen Pass-Spiel der Hessen ihre liebe Mühe. Oft ging es zu schnell (9:14/24.).

Auffallend: Immer wieder suchte Mraz den Austausch mit Gorr, beide „Trainer“ redeten mit intensiv auf ihre Spieler ein – doch eine zündende Idee hatte vor der Pause keiner. Der Rückstand nach 30 Minuten betrug jedoch nur vier Treffer, weil Zeman mit der Pausen-Sirene auf 13:17 verkürzte.

Plötzlich sind die Außen im Spiel

Mit zwei Kreisläufern – Kelm und Zeman – sowie zwei Treffer von den Außenpositionen (!) begann die zweite Halbzeit vielversprechend aus HSC-Sicht. Die Trainer müssen wohl die richtigen Worte in der Kabine gefunden haben. Als Pouya sogar auf zwei Tore verkürzte (18:20), kam Hoffnung auf.

Über welche Klasse diese Wetzlarer Mannschaft verfügt, zeigte ein Kempa-Trick, der in Unterzahl wieder zu einer Vier-Tore-Führung führte (18:22/39.). Hinten packten die Coburger jetzt energisch zu und vorne spielten sie deutlich variantenreicher als noch vor dem Wechsel. Das sollte sich auszahlen!

Der Favorit wurde nämlich plötzlich nervös, produzierte technische Fehler und biss sich an der sich zunehmend steigernden HSC-Deckung die Zähne aus. Weil auch Poltrum jetzt besser im Spiel war und Kapitän Schröder, Billek und der wiedergenesene Pouya in dieser Phase vor Selbstbewusstsein nur so strotzten, wurde es nervenaufreibend.

Pouya und Zetterman leiten Wende ein

Zuerst gelang Pouya zweimal der Ausgleich (25:25 und 26:26) und als der am Ende treffsichere Zetterman die Coburger sogar erstmals in Führung warf (27:26/53.), lag die Überraschung in der Luft. Coburg ließ jetzt nicht mehr locker, zeigte den Biss wie letztmals im Derby gegen Erlangen. Selbst die erste Zeitstrafe für den HSC – Wetzlar war zu diesem Zeitpunkt bereits viermal ein Spieler weniger – überstanden die Lokalmatadoren schadlos: 29:29 und nur noch gut zwei Minuten auf der Uhr.

Bei drohendem Zeitspiel verwarf Billek und im Tempogegenstoß kassierte Coburg das 28:29. Als die Niederlage drohte, holte Mraz 44 Sekunden vor Schluss seine Jungs noch einmal an die Außenlinie. Mit Erfolg: Ausgerechnet „Oldie“ Dominic Kelm gelingt der Ausgleich. Nur noch zwölf Sekunden, jetzt unterbricht HSG-Coach Wandschneider die Partie. Weil der HSC aber aber auch zwei Sekunden vor Schluss die letzte Aktion der Gäste mit vereinten Kräften und einem am Kopf blutenden Kelm abwehrt, bleibt es beim Remis. Ein hochverdienter Punkt für den Tabellenletzten, der in der zweiten Halbzeit eine Leistungssteigerung zeigte, mit der nur die wenigsten gerechnet hatten.

Die Statistik

HSC Coburg: Poltrum, ab der 20. Kulhanek – Nezhad (3), Sproß, Kelm (1), Nenadic, Billek (6/4), Mustafic, Zetterman (6), Kurch, Zeman (3), Grozdanic (4/2), Schröder (6), Neuhold (1)

HSG Wetzlar: Klimpke T., Ivanisevic – Srsen, Henningsson, Björnsen (9), Klimpke O., Weissgerber, Holst (6/5), Fredriksen (1), Forsell Schefvert (2), Gempp, Mellegard, Rubin (3), Linsdskog (4), Cavor (5)

Spielfilm: 0:1 (2.), 0:3 (5.); 1:3 (6.), 2:5 (9.), 3:6 (10.), 5:7 (12.), 5:10 (16.) – Auszeit Coburg – 6:11 (18.); 8:12 (20.), 9:14 (24.) – Auszeit Wetzlar – 11:16 (28.), 13:17 – Halbzeit – 14:17 (31.), 17:20 (37.), 18:21 (38.), 19:23 (42.), 22:24 – Auszeit Wetzlar – 24:25 (49.), 25:25 (52.), 28:27 (55.), 29:29 (57.), 29:30 – Auszeit Coburg – 30:30 (59.) – Auszeit Wetzlar – 30:30 (60.)

Zeitstrafen: Zeman / Lindskog, Rubin, Fredrikson, Schefvert

Siebenmeter: 7/6 (Grozdanic trifft zweimal, Billek viermal) – 6/5 (Holst scheitert einmal)

 

Bericht von inFranken

Bild von Svenja Stache