Sie wollten sich von ihrer besseren Seite zeigen, sie zeigten sich von ihrer besseren Seite: Die Zweitliga-Handballer des HSC 2000 Coburg haben am Samstagabend das Auswärtsspiel beim Dessau-Roßlauer HV mit 30:27 (14:13) gewonnen und auf die schwache Vorstellung vor der Länderspielpause bei GWD Minden (23:30) mit einer deutlich stärkeren Leistung reagiert.
2. Bundesliga Dessau-Roßlauer HV – HSC 2000 Coburg 27:30 (13:14)
Die Strapazen waren ihm anzusehen. Mit nassgeschwitztem Trikot und außer Atem stand Florian Billek nach dem Spiel am Dyn-Mikrofon. Kurz zuvor waren der Coburger Torjäger und seine Mannschaft noch in einem Jubelkreis über das Spielfeld gesprungen und klatschten anschließend mit den mitgereisten HSC-Anhängern ab. Die Vestestädter hatten dem DRHV die erste Niederlage nach zuvor sieben ungeschlagenen Partien zugefügt – und das völlig verdient, wie Billek zu Recht feststellte.
„Hier zu gewinnen“, sagte der Rechtsaußen, „ist unfassbar schwierig. Es war ein hartes Stück Arbeit. Aber wir sind eine Charaktermannschaft und das haben wir wieder gezeigt.“ Billek, mit sieben Treffern bei sieben Versuchen einer der Wegbereiter des Auswärtssieges, spielte auf die Tatsache an, dass das Team von Trainer und Geschäftsführer Jan Gorr so manchen Widerständen trotzte – zum wiederholten Male in dieser Saison.
Kaum Alternativen im Rückraum
Zum einen wäre die personelle Situation. Weil – neben den Langzeitverletzten Fynn Herzig, Jakob Knauer und Arkadiusz Ossowski – Felix Jaeger gänzlich fehlte und Tumi Steinn Runarsson nach einer Rückenverletzung im Training nur kurz zum Einsatz kam, waren Pavels Valkovskis und Mikael Helmersson im linken Rückraum und auf der Mitte auf sich allein gestellt. Und im rechten Rückraum kam der einzig verbliebene Linkshänder, Merlin Fuß, in der Schlussphase gar nicht mehr zum Einsatz. Für ihn sprang Andrej Obranovic in die Bresche, der zwei wichtige Tore beisteuerte.
Zum anderen steckten die Gäste zwei schwierige Phasen weg. In den Minuten vor der Halbzeitpause brachte sich der HSC nahezu vollständig um den Lohn einer zuvor ganz starken Phase. Nachdem die ersten zehn Minuten noch ausgeglichen verlaufen waren, übernahmen die Coburger zunehmend die Spielkontrolle und führten nach Max Jaegers Treffer erstmals mit fünf Toren (12:7, 23.). Der HSC unterband das gefürchtete Tempospiel des DRHV nahezu komplett und hatte in Kristian van der Merwe, der das Torhüterduell gegen Philip Ambrosius im ersten Abschnitt für sich entschied, einen starken Rückhalt zwischen den Pfosten.
Binnen vier Minuten war der Vorsprung des HSC aber fast wieder verspielt. Coburg fehlte es in diesem Zeitraum an der Disziplin in der Abwehr und die Hausherren waren nach den ersten 30 Minuten wieder in Schlagdistanz (13:14.).
Unmittelbar nach Wiederbeginn hatte Coburg die nächste schwierige Phase zu überstehen. „Dessau kommt wie die Feuerwehr aus der Kabine und die Energie, die von den Rängen kommt, ist der Wahnsinn“, sagte Billek über die Anfangsphase des zweiten Durchgangs, in der der DRHV durch Oskar Emanuel erstmals seit dem 4:3 (12.) wieder in Führung ging (17:16, 39.). In dieser Phase, in der das Spiel auch hätte kippen können, ließ sich der HSC aber nicht abschütteln.
Zwar wurde Ambrosius im Kasten der Hausherren zunehmend stärker, Coburg präsentierte sich aber hellwach und schnappte sich etliche zweite Bälle. „Unsere Abwehr war nicht so stabil wie sonst. Jeder Ball ist Coburg in die Hände gefallen. Da hat die nötige Disziplin gefehlt – und auch das Quäntchen Glück“, haderte Dessaus Kreisläufer Tillman Leu am Dyn-Mikrofon. Sein Team trat ebenfalls ersatzgeschwächt an und hatte lediglich zwölf Spieler zur Verfügung.
Zwei davon waren auch diesmal die Protagonisten im Angriff: Timo Löser und Vincent Bülow. Das Duo erzielte zusammen 13 Tore und steuerte das Angriffsspiel der Hausherren. Die letzte Dessauer Führung des Spiels sollte aber Linksaußen Jakub Hrstka erzielen (20:19, 44.). In der Schlussviertelstunde legte Coburg defensiv wieder zu, kassierte nur noch sieben Gegentore und spielte im Angriff ob der eingeschränkten Möglichkeiten im Rückraum clever.
Mit eigenen Waffen geschlagen
In gewisser Weise schlug der HSC den DRHV mit dessen eigenen Waffen, denn Coburg war gleich sieben Mal über Gegenstöße erfolgreich. Dessau-Roßlau hingegen nur vier Mal. Auf die Siegerstraße bogen die Coburger auch dank eines Spielers ein, der in dieser Saison die Back-up-Rolle einnimmt. Andrej Obranovic muss sich in der Deckung hinter Jan Schäffer, Bartlomiej Bis und Viktor Glatthard anstellen und hat im Angriff vor allem den Job, punktuell für Entlastung zu sorgen.
In Dessau stand der Kroate die gesamte Crunchtime im ungewohnten rechten Rückraum auf dem Feld und machte seine Sache mehr als ordentlich. Erst traf Obranovic zum 26:22 (53.), dann per Konter zum 29:24 (56.). Zudem versenkte der Neuzugang einen Kempa-Trick. Weil er abgestanden hatte, zählte der Treffer aber nicht. An der Tatsache, dass sein HSC das schwierige Spiel beim DRHV gewinnen würde, änderte das aber nichts mehr. Letztlich siegte Coburg mit 30:27 und präsentierte sich zwei Wochen nach der schwachen Vorstellung in Minden (23:30) von seiner starken Seite.
Die Statistik
Dessau-Roßlauer HV: Patzwald (n.e.), Ambrosius (14 Paraden)– Bones (1), Löser (7), Hrstka (3), Bülow (6/3), Baumgart (1), Misovych (1), Drachau (2), Emanuel (2), Pust (1), Leu (3)
HSC 2000 Coburg: van der Merwe (12 Paraden), Apfel (1 Parade)– Runarsson, M. Jaeger (6), Dettenthaler, Bis (2), Glatthard (1), Fuß, Billek (7/2), Krone, Helmersson (6/1), P. Valkovskis (4), Schäffer (2), Obranovic (2).
Schiedsrichter: Schulze / Tönnies (Magdeburg)
Zuschauer: 1464
Zeitstrafen: 3 (2x Baumgart, Leu) – 1 (Bis)
Siebenmeter: 3/3 (Bülow trifft alle Versuche) – 2/2 (Billek trifft alle Versuche)
Spielfilm: 2:0 (4.), 2:2 (9.), 4:5 (12.), 4:6 (14.), 6:10 (21.), 7:12 (23.), 11:13 (27.), 13:14 (30.), 15:15 (34.), 17:16 (39.), 17:18 (42.), 21:23 (47.), 22:25 (51.), 23:27 (54.), 24:29 (56.), 27:30 (60.)
Beste Spieler: Ambrosius, Löser – van der Merwe, Billek
Den gesamten Bericht findet ihr bei unserem Medienparter dem Coburger Tageblatt.
Bericht von Coburger Tageblatt
Bild von Dessau-Rosslauer HV