Zweite „Hölle“ für den HSC 2000 Coburg beim Wilhelmshavener HV. Zwei-Tagestour – Atmosphäre – Fortsetzung anstatt Luther – Lieder – Lästermäuler.
Erst die Ostsee, jetzt die Nordsee, von der „Hansehölle” in Lübeck zur „Nordfrosthölle” in Wilhelmshaven wie die Hallen wegen ihrer Atmosphäre gerne bezeichnet werden – die Auswärtspartien zum Saisonbeginn haben es für den HSC 2000 Coburg in sich. „Dann sind die weitesten Fahrten aber gleich weg“, sieht es HSC-Coach Jan Gorr durchaus positiv, dass nach Lübeck nun gleich die Aufgabe beim Wilhelmshavener HV (Anwurf um 19.30 Uhr) ins Haus steht, auch wenn bei den Coburgern alles noch etwas unrund läuft. Der Spielführer des HSC, Till Riehn, bringt die derzeitige Situation seiner Mannschaft vor der Partie kurz und knackig auf den Punkt: „Wir haben in den ersten beiden Spielen unser Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Da ist noch viel Platz nach oben.“ Nicht nur er, auch im Gespräch mit seinen Teamkollegen ist die Einschätzung ähnlich.
„Das geht jetzt auch noch nicht. Wir fahren zweigleisig, haben ein eingespieltes System und müssen parallel die Neuen sowie „Kiwi“, der längst noch nicht der Alte ist, integrieren“, sieht Gorr die Aufgabe für die nächsten Wochen, ist aber zufrieden, weil Bietigheim „schon einen Schritt in die richtige Richtung gebracht hat.“ Gegen eine gute Mischung aus dem Kreisspiel in Lübeck und den gelungenen Rückraumaktionen gegen Bietigheim hätte der HSC-Coach sicher nichts einzuwenden.
Auch wenn der Gegner nur den Klassenerhalt als Ziel angibt, was neben anderen Abgängen dem des Abwehrchefs Steffen Köhler geschuldet ist, dessen Qualitäten die HSCler vor zwei Wochen in Lübeck schon erfahren mussten, wird Gorr das eher nicht als Maßstab nehmen: „Ich habe gesehen wie sie in Dresden agiert haben und Elbflorenz ist ein starker Aufsteiger.“ Dreh- und Angelpunkt beim WHV sind Tobias Schwolow im rechten Rückraum und Kay Smits auf der linken Seite, die zusammen in der vergangenen Saison 254 Mal erfolgreich waren. Vermisst wird beim Gegner der Spieler der Saison 2015/2016 in der 2. Handball-Bundesliga, Rene Drechsler, der sich nach einem Kreuzbandriss Mitte Februar noch im Aufbautraining befindet.
„Wilhelmshaven kommt insgesamt über die Teamleistung und verfügt mit Evgeny Vorontsov über einen richtig abgezockten Rechtsaußen“, so Gorr. Und im Angriff müssen Varvne, Riehn und Co. an Neuzugang Daniel Andrejew vorbei, der die Lücke von Köhler füllen soll. Vorbei im wahrsten Sinne des Wortes, den drüber wird kaum möglich sein. Der Jugend-Nationalspieler und jüngste Akteur im Kader des WHV misst 2,05 Meter. Noch kein “grünes” Licht vom HSC gibt es hingegen zur Neuverpflichtung von Marko Neloski. „Das liegt an Formalitäten, die noch zu klären sind”, so Gorr. Aufgrund dessen ist es zwar unwahrscheinlich, dass der 21jährige mazedonische Nationalspieler am Samstag auflaufen kann, doch ganz ausschließen und die Hoffnung darauf aufgegeben hat Gorr auch noch nicht. Im Gegensatz zur Vorwoche ist nach seiner Erkrankung Sebastian Weber in Wilhelmshaven dabei.
Etwas von dem „Platz nach oben“, den Riehn bemerkt hat, werden die Coburger in der Nordfrost-Arena aber bereits ausschöpfen müssen, denn die Gastgeber, nach Essen und Nordhorn-Lingen mit den meisten Fans im Rücken in der vergangenen Saison, werden ihre Auftaktniederlage vor eigenem Anhang gegen Aufsteiger Eintracht Hildesheim wettmachen wollen. „Das ist ein enthusiastisches Publikum, die wissen wie man sein Team pusht“, weiß Gorr um den Rückhalt von den Rängen der Nordfrost-Arena. Wie schon gegen Lübeck startet die Anreise an den Jadebusen bereits am Freitag, die Rückkehr nach Coburg erfolgt erst in den frühen Morgenstunden am Sonntag. Deswegen wird das Team die „Nacht der Kontraste“ in Coburg verpassen, was Gorr persönlich bedauert. Statt dem Motto „LUTHER LIEDER LÄSTERMÄULER“ sieht der Coburger Trainer mit einem Schmunzeln den Samstagabend so: „Das wird wieder eine schwierige Zwei-Tages-Tour mit viel Organisation, ein Spiel in hitziger Atmosphäre in frostiger Arena mit der Hoffnung auf Fortsetzung der Eindrücke aus dem Bietigheim-Spiel.“
Die Akteure
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Oliver Krechel; Philipp Barsties, Markus Hagelin, Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß, Dominic Kelm, Petr Linhart, Sebastian Weber, Stefan Lex, Benedikt Kellner (?), Florian Billek, Till Riehn, Jakob Knauer, Marko Neloski (?), Tobias Varvne, Romas Kirveliavicius. Trainer: Jan Gorr.
Wilhelmshavener HV: Dennis Doden, Frederick Lüpke; Rutger Ten Velden, Sebastian Maas, Fabrice Lehmann, Lukas Kalafut, Kay Smits, Duncan Postel, Evgeny Vorontsov, Janik Köhler, Matej Kozul, Tobias Schwolow, Daniel Andrejew. Trainer: Christian Köhrmann.
SR: Frederic Linker / Sascha Schmidt
Spielort: Nordfrost-Arena Wilhelmshaven
Die Lage in der LigaVor dem dritten Spieltag und dem ersten Doppelspieltag am kommenden Wochenende mit zwei Partien Freitag und Sonntag für die meisten Teams sind noch sieben Zweitligisten ohne Minuszähler. Das einzige direkte Duell zwischen diesen Mannschaften findet in Würzburg statt, wenn die DJK Rimpar Wölfe den ASV Hamm-Westfalen zu Gast haben. Das verbleibende Quintett ohne Minuszähler hat kurioserweise komplett Heimrecht und damit die Gelegenheit, die Bilanz weiter auszubauen und die weiße Weste zu behalten.
Dazu gehört auch der kommende Heimgegner des HSC, Mitabsteiger HBW Balingen-Weilstetten, die mit einer Tordifferenz von plus 22 bisher aus zwei Spielen durch die Liga gefegt sind und das gegen Aufsteiger HC Rhein Vikings fortsetzen wollen. Dem ThSV Eisenach halfen vergangene Woche bei der Heimniederlage gegen die HSG Nordhorn-Lingen (empfangen VfL Eintracht Hagen) auch elf Tore des Ex-HSClers Matthias Gerlich nicht. Schwachpunkt war die Abwehr, die sie nun beim zweithungrigsten Angriff der Liga, dem TV Emsdetten, unbedingt stabilisieren müssen, wenn die Punkte mit nach Thüringen sollen.
Spruch der Woche
Die Punkte nehmen wir mit nach Coburg. (HSC-Kreisläufer Dominic Kelm)
Notizen am Rande
Jauch-Kandidat – Der WHV-TW Dennis Doden, zum damaligen Zeitpunkt noch für den Ligakonkurrenten ASV Hamm-Westfalen aktiv, war im April Kandidat bei „Wer wird Millionär“. Angemeldet hatte ihn dessen Freundin in der Hoffnung auf ein paar neue Schuhe. Doden gewann 32.000 Euro. Beim anschließenden Schuhkauf wurden Doden und dessen Freundin dann sogar von einem Team des RTL-Magazins „Extra“ begleitet.
Rückblick – Im bislang einzigen Vergleich in der Nordfrost Arena feierte der HSC einen Schlusspfiff-Sieg. Jiri Vitek tauchte fünf Sekunden vor dem Abpfiff auf der rechten Außenposition auf, wurde klug von Adnan Harmandic über die Abwehr hinweg angespielt. Vitek packte all seine Routine in diesen finalen Wurf erzielte das 32:31 und war wenig später unter einem schwarzen Berg von HSC-Spielern begraben. Mit der Revanche des WHV und der 28:30-Heimniederlage Ende April 2015 begann für Coburg aber das große Zittern um den Aufstieg.
Wiedersehen – Der dienstälteste HSCler, Dominic Kelm kam im Jahr 2009 vom kommenden HSC-Gegner, der 2008 nach sechs Jahren 1. Liga abgestiegen war. „Bobo“ Kelm hat dort natürlich noch Bekannte und gleich eine Kampfansage parat: „Ich hatte zwei wunderschöne Jahre in Wilhelmshaven, freue mich auch viele Leute wiederzusehen, aber die Punkte nehmen wir mit nach Hause.“
Bericht von Ralph Bilek
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)
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