Der HSC bringt sich aufgrund einer katastrophalen zweiten Halbzeit um den Lohn seiner Arbeit.
In der ersten Halbzeit top – in der zweiten ein Flop: Pouya Norouzinezhad erzielte vier Treffer und deutet seine Klasse damit an – aus HSC-Sicht allerdings leider zu selten.
Wie ein begossener Pudel saß Stefan Apfel nach dem Spiel minutenlang alleine auf der harten Steintribüne in Block S: „So ein Spiel musst Du gewinnen. Wo war unsere Entschlossenheit, die Zielstrebigkeit aus der ersten Halbzeit“, fragte sich der Vorstandssprecher des HSC Coburg. Er machte aus seiner Wut kein Hehl: „Wir haben nach der Pause nur noch quer gespielt. Das verstehe ich nicht“. Die Enttäuschung war Apfel dabei ins Gesicht geschrieben. Er brachte das zum Ausdruck, was die meisten Zuschauer nach der vermeidbaren 26:29 (14:11)-Heimniederlage gegen die HSG Nordhorn/Lingen dachten. Warum hat keiner in der entscheidenden Phase die Verantwortung übernommen?
Es hat also auch im vierten Anlauf nicht geklappt. Der HSC 2000 Coburg verlor sein zweites Heimspiel in der 1. Handball-Bundesliga und geht den erwartet schweren Zeiten entgegen. Die Niederlage war nach einer starken Anfangsphase und einer schwachen zweiten Halbzeit unnötig wie ein Kropf. Besonders ärgerlich: Es war ein direkter Gegner im Kampf um den Klassenerhalt, denn auch die Gäste zeigten in diesem auf überschaubaren Niveau stehenden Erstligaspiel wenig Klasse.
1. Bundesliga
HSC Coburg – HSG Nordhorn/Lingen 26:29 (14:11)
Der HSC hatte einen Start nach Maß: Zweimal Florian Billek, dreimal Pouya Noruzi Nezhad. Dazwischen ein gehaltener Siebenmeter von Konstantin Poltrum. Nicht einmal sieben Minuten waren gespielt: 5:1 für Coburg und Auszeit Norhorn-Lingen. Doch die brachte nichts: Das schwarz-gelbe Scheibenschießen mit „Teufelskerl“ Poltrum im Rücken ging munter weiter: Der HSC-Torsteher wehrte wieder ab, Stepan Zeman schweißte auf der anderen Seite die Pille unters Querholz. Und noch einmal Poltrum – diesmal profitierte Andreas Schröder. Mit Brachialgewalt netzt der Kapitän nach mehreren Fehlversuchen ein. Immer noch nicht genug: Wieder Poltrum! Der Mann in Schwarz mit der Zwölf auf dem Rücken fischte auch den Linksaußen ab und Pontus Zetterman erhöhte auf 8:2 (17.). Die 1000 Zuschauer waren frühzeitig aus dem Häuschen und der Ex-HSCler Prakapenia verließ entnervt die Platte.
Starker Beginn, aber dann…
Während Poltrum sein Niveau hielt, schwächelten seine Vorderleute danach im Angriff. Ein paar technische Fehler, drei überhastete Würfe und ein einfacher Abspielfehler nutzten die Gäste aus und halbierten den Rückstand binnen acht Minuten von sechs auf drei. Über 10:7 (25.), 11:8 und 12:9 stand es zwei Minuten vor der Pause plötzlich nur noch 12:10 – Auszeit Mraz! Weil Zeman sieben Sekunden vor der Sirene traf, ging es zumindest mit einer 14:11-Führung in die Kabinen. Eine gute Ausgangsposition, doch nach dieser furiosen Anfangsphase war mehr drin für den HSC.
Der Start in Durchgang zwei war aus Coburger Sicht denkbar schlecht. Vorne schossen Schröder und Sproß trotz aussichtsreicher Positionen Freikarten und hinten war die Mitte offen wie ein Scheunentor. Immer wieder fanden die Nordhorner ihren bulligen Kreisläufer Dominik Kalafut. Und weil jetzt auch Poltrum kaum noch einen Finger an den Ball brachte, stand es schnell Unentschieden (16:16/35.). Mraz holte sein Team zur Seitenlinie und mahnte zu mehr Konzentration am eigenen Kreis. Ohne durchschlagenden Erfolg!
Denn es kam noch schlimmer: Ein Wurf ins verlassene HSC-Tor und eine tolle Flugeinlage des überragenden Gäste-Rechtsaußen Robert Weber brachte sogar die erste Zwei-Tore-Führung (17:19/38.). Quer, quer und noch mal quer. Die „Schwarz-Gelben“ wirkten jetzt ideenlos. Varvne, Zetterman und Nenadic fehlte der Spielwitz, es mangelte an einfachen Toren und in vielen Momenten auch der Mumm.
Als Jan Kulhanek zwischen die Pfosten kam, ging noch einmal ein Ruck durchs Heimteam und auch das längst viel leiser gewordene Publikum erwachte wieder aus seiner Lethargie. Von der zwischenzeitlichen Verkrampfung war nicht mehr viel zu spüren und zehn Minuten vor Schluss (23:23) stand das Spiel auf Messers Schneide. Doch die immer besser werdenden Gäste hatten eindeutig den längeren Atem!
Vor allem die Schwächen auf der linken Seite am HSC-Kreis, wo der phasenweise überforderte Sproß und der nicht immer richtig zupackende Zeman zunehmend schlampiger deckten, nutzten die Gäste eiskalt aus: Weber, der elf Mal einlochte, und Terwolbeck brachten ihr Team mit zwei Treffern entscheidend nach vorne (26:24/56.). Als dann auch noch die beiden Neuzugänge Nenadic und Pouya zusammenprallten und unfreiwillig Kalafut den Weg freimachten (26:28) war 68 Sekunden vor Schluss die Messe gelesen. Auch die letzte Auszeit von Mraz und die angeordnete Manndeckung verhinderte die vierte Niederlage nicht mehr. Die Chance auf die ersten beiden Punkte in Deutschlands Eliteliga war aufgrund einer katastrophalen Leistung im zweiten Durchgang dahin.
Die Statistik
HSC 2000 Coburg – Nordhorn/Lingen 26:29 (14:11)
HSC 2000 Coburg: Kulhanek (3 Paraden, 9 Gegentore) Poltrum (11 Paraden, 20 Gegentore), Apfel (n.e.); Preller (n.e.), Pouya (4), Sproß (2), Nenadic (3), Billek (4/2), Zetterman (2), Varvne (4), Schikora (n.e.), Kurch (3), Zeman (3), Schröder, Neuhold (n.e.).
Trainer: Mráz
Bericht von Gerd Nußpickel
Bericht: inFranken
Bild: Svenja Stache