Ein gradliniger Typ mit klaren Zielen
Christoph Neuhold kam im Sommer vom Liga-Konkurrenten ASV Hamm-Westfalen nach Coburg. Der Rückraumspieler besticht vor allem durch seine Dynamik und ist bislang sowohl in der Offensive als auch in der Abwehr ein wichtiger Faktor für das bisherige gute Abschneiden des HSC.
„Gradlinig“ ist zweifellos ein treffendes Attribut, um die Spielweise von Christoph Neuhold zu beschreiben: schnörkellos, ohne Mätzchen und stets mit direktem Zug zum Tor. „Er besticht unter anderem durch seine überdurchschnittliche Dynamik, ist unglaublich explosiv, ein wahnsinnig athletischer Spieler“, schwärmt auch Jan Gorr vom 24jährigen. Und ebenso gradlinig und konsequent ist der bekennende „Herr der Ringe“-Fan auch, wenn es um die Planung seiner Handball-Karriere geht. Begonnen hatte die bereits im Alter von fünf Jahren in der heimischen Steiermark beim ATV Trofaiach, wo auch sein Vater einst in der 2. Österreichischen Liga spielte und später dort auch als Jugendtrainer arbeitete. „Nebenbei hab‘ ich noch Fußball und Tennis gespielt. Außerdem war ich im Skiverein und bin Rennen gefahren.“ Letztlich entschied sich „Chrissi“ aber doch für den Handball, spielte bereits als 16jähriger in der 1. Mannschaft des ATV und geriet schon bald in den Fokus höherklassiger Vereine. Doch der Umworbene brachte erst noch sein Abitur erfolgreich zu Ende und wechselte dann 2013 zu Moser Medical UHK Krems in die höchste Österreichische Liga.
„Es war schon immer mein Traum, in Deutschland zu spielen.“
Berufungen in die Junioren-Nationalmannschaft ließen nicht lange auf sich warten. Ein erster Höhepunkt war die U20-EM 2014 im eigenen Land, die das österreichische Team schließlich auf Platz 6 abschloss. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm dabei die knappe 27:28-Niederlage gegen den späteren Europameister Deutschland, in dessen Reihen immerhin einige aktuelle deutsche Nationalspieler wie Paul Drux, Fabian Wiede oder Jannik Kohlbacher standen. Und es dauerte nicht mehr lange, da fand der variabel einsetzbare Rückraumspieler schließlich auch den Weg in das Notizbuch von Auswahltrainer Patrekur Jóhannesson und durfte im November 2015 beim WM-Qualifikationsspiel gegen Rumänien sein Debüt in der österreichischen Nationalmannschaft feiern. Im darauffolgenden Jahr ergab sich dann für Christoph Neuhold auch die erhoffte Chance für einen Wechsel ins Ausland. Der damalige Trainer des deutschen Zweitligisten ASV Hamm-Westfalen Niels Pfannenschmidt hatte ihn schon einige Zeit auf dem Zettel und konnte ihn schließlich von einem Engagement bei den Westfalen überzeugen. Eine richtige Entscheidung, wie „Chrissi“ bestätigt: „Da es schon immer mein Traum war in Deutschland zu spielen, fiel mir die Entscheidung nicht schwer. Das Umfeld in Hamm war gut und für mich war klar, dass es Zeit für den nächsten Schritt in meiner Karriere war.“ Und mit der ihm eigenen Konsequenz nutzte er die Chance und avancierte beim ASV in kürzester Zeit zum absoluten Leistungsträger. In den beiden folgenden Spielzeiten wurde der Steirer jeweils erfolgreichster Torjäger im Team und erzielte insgesamt 310 Tore für die Westfalen. Seine Leistungen brachten ihm dann auch die Nominierung für die EM-Endrunde 2018 ein, für die sich Österreich qualifizieren konnte. Doch leider verliefen die Titelkämpfe für das Team Austria dann recht unglücklich, denn gleich das wichtige Auftaktspiel gegen Weißrussland ging knapp mit 28:29 verloren. Dieser Auftakt-Niederlage folgten noch zwei deutliche Pleiten gegen die favorisierten Teams aus Frankreich (26:33) und Norwegen (28:39). „Die beiden Länder sind für uns einfach eine Nummer zu groß gewesen“, musste schließlich auch ein enttäuschter Christoph Neuhold anerkennen.
Vorfreude auf die anstehende WM
Umso größer war die Freude dann im Juni dieses Jahres, als sich Österreich bei den Play Off-Spielen zur WM 2019 erneut mit Weißrussland auseinandersetzen musste, diesmal allerdings das bessere Ende für sich hatte. Dem 28:28 in Minsk folgte ein hart erkämpfter, aber letztendlich verdienter 31:26-Erfolg in Wien, der schließlich das WM-Ticket bedeutete. In der Zwischenzeit hatte sich bei Christoph Neuhold aber auch in Sachen Verein etwas getan. Bereits im Februar 2018 konnten die Verantwortlichen des HSC 2000 Coburg den österreichischen Rückraumspieler als ersten Neuzugang für die kommende Spielzeit verkünden. Schwer war ihm die Entscheidung damals nicht gefallen. „Der HSC ist ein toller Verein mit Erstliga-Erfahrung. Nachdem ich mit Jan (Gorr) und Steffen (Ramer) ein gutes Gespräch hatte, war schnell klar, dass ich mich für Coburg entscheide“, so der 1,93 m große und 96 kg schwere Modellathlet, der nicht verhehlen will, dass sein Wechsel nach Franken auch noch weitere Vorteile hat: „Meine Eltern und Freunde müssen nicht so lange fahren, wenn sie mich besuchen kommen, da Coburg ein gutes Stück näher an Österreich liegt als Hamm. Das freut mich und sie natürlich sehr.“ Überhaupt hat er seinen Wechsel nach Deutschland bislang nicht bereut. „In Deutschland wird der Handball einfach viel mehr gelebt. Es macht einfach riesigen Spaß, vor so vielen Leuten zu spielen. Und das Niveau ist hier viel höher als in Österreich.“ Und längst ist er auch sowohl in seiner neuen Wahlheimat als auch in der Mannschaft schon bestens angekommen: „Ich habe mich sehr gut eingelebt, fühl‘ mich richtig wohl hier. Die Stadt ist wirklich sehr schön, vor allem der Marktplatz. Ich mache viel mit den Teamkollegen. Wir treffen uns gerne mal zu einem Kaffee oder gehen gemeinsam Essen. Wir verstehen uns alle wirklich gut, deswegen machen das Training und die Spiele umso mehr Spaß.“ Und Spaß haben längst auch wieder die Coburger Handball-Fans am erfrischenden, temporeichen Spiel ihrer Mannschaft, aus der Christoph Neuhold im Moment nur schwer wegzudenken ist. Wie sieht er selbst seine Rolle innerhalb der Mannschaft? „Zurzeit eher im Angriff, obwohl ich auch sehr gerne in der Abwehr spiele und mir Jan auch immer wieder die Möglichkeit gibt, in der Abwehr zu spielen. Das freut mich sehr.“ Dank seiner aktuellen Leistungen im Verein darf sich der 36fache Nationalspieler ohne Zweifel auch berechtigte Hoffnungen auf eine Teilnahme bei der in Deutschland und Dänemark stattfindenden WM im Januar machen. In der Vorrunde hat es Österreich dabei mit den starken Teams aus Dänemark und Norwegen sowie mit Saudi-Arabien, Chile und Tunesien zu tun. „Die Vorfreude ist natürlich riesig, wir sind sehr stolz, dass wir die Qualifikation geschafft haben. Ich bin schon sehr gespannt, es ist die erste WM für mich. Es wird bestimmt nicht einfach, aber wir wollen in die Hauptrunde.“ Und was traut „Chrissi“ seinem HSC in dieser Spielzeit noch zu? „Die Saison ist noch sehr lang, daher ist das immer schwer zu sagen. Aber wenn wir von gröberen Verletzungen verschont bleiben, ist sehr viel möglich. Man kann einen Aufstieg nicht planen. Aber es ist unser Ziel, den Aufstieg zu schaffen.“
Bericht von Gerd Nußpickel
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)