2. Handball-Bundesliga – Hamburg stellte das ausgeglichenere Team und ballerte den HSC in den Schlussminuten aus der Halle. Die verlieren dadurch erstmals seit Anfang September 2018 ihren Aufstiegsplatz.
Hamburg/Coburg – Schon im Hinspiel in Coburg hatte der HSC 2000 Coburg seine Probleme mit dem HSV Hamburg und die traten bei der 24:30-Niederlage beim Rückspiel in der Hansestadt gerade in der entscheidenden Phase verstärkt zu Tage. Denn nach ausgeglichenem Spiel bekam der HSC in den letzten zehn Minuten keinen Stich mehr. Stand es noch zu Beginn der Crunch-Time wie so oft in der Partie unentschieden, kochten die Hansestädter ihren Gegner in der Schlussphase richtig ab. Die schienen stehend K.O. und hatten gar nichts mehr zuzusetzen, fabrizierten einen Fehler nach dem anderen.
Ohne den an der Wade verletzten Tobias Varvne ging es für den HSC in die Partie, in der Christoph Neuhold zwar auf dem Spielberichtsbogen stand, nach seinem Bandscheibenvorfall noch nicht zum Einsatz kam. Im Hinspiel war der wurfgewaltige Rückraumlinke noch einer der Sieggaranten, sein Stellvertreter Patrick Weber blieb einmal mehr schwach. Ein Zeitspiel, zwei technische Fehler und schwupps liefen die Coburger einem Drei-Tore-Rückstand hinterher. Jan Gorr schimpfte auf der Bank schon nach vier Minuten wie ein Rohrspatz. Frei am Kreis vergab Zettermann nur wenig später die Chance zum Anschluss. Den schafften sie wenig später mit einem schnell vorgetragenen Angriff über die rechte Außenbahn. Beide Teams spielten anfangs ihre Angriffe lange aus, riskierten eher ein Zeitspiel als zu schnell abzuschließen. Mit einem Wurf ins verlassene HSVH-Tor während deren ersten Zeitstrafe nach einer Fußabwehr erzielte Billek das 4:3. Die Option auf eine Coburger Führung vergab zwei Mal Jaeger frei von außen, wobei einmal durchaus ein Pfiff aufgrund eines Fouls zu seinen Gunsten hätte erfolgen können. So wie wenig später bei Felix Sproß, weil der Hamburger Abwehrspieler klar zur Abwehr durch den Kreis ging.
Aber mit drei Kontertoren schaffte der HSC trotzdem die erste eigene Führung, was Torsten Jansen zur Auszeit rief. Die Coburger eroberten sich diese Bälle mit einer ungewohnt offensiven Variante der 6:0-Deckung, was auch viel Kraft kostete. Die Hamburger bauten ihre Angriffe dann etwas weiter entfernt von der HSC-Deckung auf, gingen mit zwei Toren innerhalb von 20 Sekunden wieder selbst in Front. Die Coburger vergaben doch so einige Chancen vor dem gegnerischen Tor, zeigten dabei aber tolle Spielzüge, wie vor dem 9:10, als eine Ballstafette über mehrere Stationen zum Schluss Jaeger auf der Außenposition fand.
Die Hamburger ließen nicht locker und sich auch nicht abschütteln. Immer wieder brachten sie ihre Rückraumwerfer oder zum Abschluss ihre Kreisläufer in Position. Als Jan Kulhanek kurz vor der Pause einen Ball frei vom Kreis parierte war der Weg für die Coburger zur ersten Zwei-Tore-Führung frei. Doch die Gastgeber blieben schwer zu spielen, weil schwer auszurechnen. Das zeigte zur Pause auch ein Blick auf die Statistik. Fast alle Hamburger hatten schon getroffen, die Quoten bei den Würfen und gehaltenen Bällen war nahezu identisch. Dies versprach eine weiter enge Partie.
Die nach der Pause die Hamburger erneut im Vorteil sah. Coburger spielte im Angriff zu riskante Pässe und damit dem Gegner den Ball für Konter in die Hände. Die ließen sich nicht bitten, verwandelten die eiskalt, scheiterten danach jedoch frei vom Kreis an Jan Kulhanek. Coburg machte es auf der anderen Seite auch nicht besser, hier blieb der isländische Nationaltorwart Edvardsson Sieger gegen Jaeger. Hamburg zeigte zudem viel Spielwitz, brachte immer wieder den Kreis in Szene, einmal sogar mit einem sehenswerten Rückhandanspiel und traf oft punktgenau. Coburg konnte froh sein, das auch die Gastgeber klare Chancen liegen ließen. Beim Stand von 21:20 wackelte nur die Latte, der direkte Gegenzug brachte den Ausgleich – da hatte Coburg noch Glück.
Doch das verließ die Vestestädter, die einem ausgeglicheneren HSVH in der Schlussphase Tribut zollen mussten. Denn da überzeugten alle Rückraumakteure, beim HSC lag zu viel Last auf Zettermann und Prakapenia sowie dem zu 100 Prozent erfolgreichen S. Weber. Für den Rückraum spricht die Statistik Bände. Während dem HSC nur sieben Treffer von dort gelangen, war Hamburg 15 Mal erfolgreich. Zudem fehlten im zweiten Durchgang die einfachen Tore durch Konter, weil in der Abwehr der Zugriff nicht mehr richtig gelang. Denn nach dem 23:23 hatte Coburg selbst zwei Optionen vorzulegen, ließ die aber liegen. Jan Gorr spürte wohl, dass dies ein bitteres Ende nehmen könnte, griff zu zwei Auszeiten innerhalb von zweieinhalb Minuten, doch es half nichts. Erst ein Fehlpass von Zettermann, dem ein technischer Fehler von Felix Sproß folgte, dann kam ein Fehlpass von Prakapenia. Hamburg nahm diese Gastgeschenke gegen platt wirkende Coburger dankend an. Sie ließen in den letzten zehn Minuten nur noch einen Treffer zu und beendeten mit einem 7:1-Lauf diese so lange ausgeglichene Partie vollkommen verdient als Sieger.
Da die DJK Rimpar Wölfe keine fränkische Schützenhilfe leisteten, klar der HSG Nordhorn-Lingen mit 17:25 unterlagen, ist Coburg erstmals seit dem zweiten Spieltag aus den Aufstiegsrängen herausgefallen, nun Jäger statt Gejagter. Für die HSC-Fans, die die Partie für einen Städtetrip in die Hansestadt genutzt hatten, war das eine ganz bittere Pille. Kuriose Randnotiz: In dieser Partie gab es keinen einzigen Strafwurf.
Stimme
HSC-Trainer Jan Gorr: „53 Minuten gestalten wir eine ausgeglichene Partie. Dann bleiben wir drei Mal in Folge ohne eigenes Tor, was der Gegner, vom eigenen Publikum getragen, dazu nutzt, vorentscheidend in Front zu gehen. Uns ist es in der entscheidenden Phase der Partie nicht gelungen, unsere Angriffshandlungen auf den Punkt zu spielen um entsprechende Qualität in unsere Abschlüsse zu bringen. Wenn man das nicht schafft, ist es schwierig so ein enges Spiel auswärts für sich zu entscheiden.
Statistik
HSV Hamburg – HSC 2000 Coburg 30:24 (12:13).
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (30 Gegentore, 10 Paraden), Konstantin Poltrum; Markus Hagelin (1), Maximilian Jaeger (3), Lukas Wucherpfennig, Felix Spross (2), Sebastian Weber (4), Anton Prakapenia (5), Florian Billek (3), Marcel Timm, Jakob Knauer, Pontus Zettermann (6), Christoph Neuhold, Patrick Weber. Trainer: Jan Gorr.
HSV Hamburg: Aron Rafn Edvardsson (24 Gegentore, 12 Paraden), Marcel Kokoszka; Blazenko Lackovic, Leif Tissier, Niklas Weller (1), Lukas Ossenkopp (3), Dominik Axmann (3), Philipp Bauer (4), Jan Forstbauer (3), Christopher Rix (3), Finn Wullenweber (5), Thies Bergemann (4), Jan Kleineidam, Dominik Vogt (3), Kevin Herbst (1). Trainer: Torsten Jansen.
SR: Lars Geipel / Marcus Helbig
Spielfilm: 2:0 (3.), 3:1 (5.), 4:2 (10.), 5:3 (13.), 5:5 (17.), 5:6 (18.), 7:6 (20.), 9:8 (24.), 9:9 (25.), 9:10 (27.), 11:12 (29.), 12:13 – 14:13 (32.), 15:15 (34.), 16:16 (38.), 17:17 (40.), 18:19 (42.), 20:19 (44.), 20:20 (45.), 23:23 (50.), 25:23 (54.), 25:24 (56.), 30:24.
Zuschauer: 3.081
Siebenmeter: Fehlanzeige
Strafminuten: 4 (Bergemann, Bauer) – 2 (Prakapenia)
Beste Spieler: Wullenweber, Forstbauer – Zettermann, Prakapenia.
Bericht von Ralph Bilek
Bild von Iris Bilek