Ohne Billek, Weber, Sproß und Wucherpfennig ging dem HSC in Balingen die Puste aus. Girts Lilienfelds: „Die waren in Kopf und Beinen frischer.“
Unentschieden und Niederlage, das war das, was der HSC 2000 Coburg vor der Partie bei HBW Balingen-Weilstetten bislang erreicht hatte. Wer darauf gehofft hatte, dass der Spitzenreiter aus Coburg, der dank der Niederlage von TuSEM Essen in Großwallstadt punktgleich vor Essen und Balingen blieb, dort die „Serie“ mit einem Sieg vervollständigen könnte, wurde enttäuscht. Die Balinger blieben auch im siebten Saisonheimspiel ungeschlagen und gewannen mit 31:26. Bislang hatten die Coburger ihre Ausfälle einigermaßen auffangen können, doch diesmal gelang ihnen das eben nicht über die volle Distanz. Balingen konnte nach dem Wechsel sein Niveau halten. Hingegen schlichen sich mit zunehmender Spieldauer Fehler in das Coburger Passspiel ein.
Gleich der erste Konter wurde frei vergeben. Dann kamen die einfachen Tore, auf beiden Seiten aus dem Rückraum und die fielen wie reife Früchte. Dabei guckten sich die Akteure die Torhüter aus. Das muntere Scheibenschießen ging in der mit hohem Tempo geführten Partie auch weiter. Jeder Fehler des Gegners wurde bestraft. Die erste HSC-Führung beim 5:6 (9.) hatte nicht lange Bestand. Mit vier Treffern in Folge in nicht einmal vier Minuten setzte sich Balingen mit seinem starken Rückraum ab. Kurz darauf hatte der Ex-Coburger „Kiwi“ Glück, dass es nach einem Foul an Varvne nur Freiwurf und keine Zeitstrafe gab. Den drei Toren Rückstand lief Coburg nun erst einmal hinterher, auch weil die Abwehr mit dem Torhüter den Zusammenhalt noch suchte.
Balingen stand in der Deckung recht sicher, Coburg musste hart für fast jeden Treffer arbeiten und immer wieder einem Rückstand hinterherlaufen. Zumindest das gelang, vor allem Prakapenia machte mit einfachen Schlag- und Hüftwürfen die dafür nötigen Treffer. Hinzu kamen zwei sehenswerte Anspiele von Tobias Varvne an den Kreis zu Markus Hagelin, einmal nur durch einen Strafwurf zu bremsen, dann mit enormen Durchsetzungsvermögen und einem tollen Treffer, nahezu quer in der Luft liegend. Hinzu kam auch der ein oder andere kleine Aussetzer, so als der Außenspieler versucht wurde anzuspielen, der aber dort gar nicht mehr zu finden war, sondern schon auf dem Rückweg zur Bank, da während der Zeitstrafe der zusätzliche Feldspieler gebracht worden war. Doch es war ein aufopferungsvoller Kampf der Coburger in dieser so geschwächten Aufstellung. Blieb zur Pause nach insgesamt extrem ausgeglichenem Spiel zu hoffen, dass die Kräfte reichen würden. Dem sollte nicht so sein und Girts Lilienfelds umschrieb es nach der Partie nur allzu treffend: „Beide haben den Sieg mindestens gleich viel gewollt, deswegen gab es diese hochinteressante Partie. Balingen war dann aber in den Beinen und im Kopf frischer.“
Denn auch den Wiederanpfiff blieb es dabei, Coburg musste für seine Treffer viel aktiver sein um die Balinger Abwehr auseinander zu bringen. Doch es lief jetzt erst einmal etwas anders als vor der Pause. Mit der Übersicht und Wurfgewalt eines überragenden Prakapenia ging der HSC erstmals selbst mit zwei Toren in Führung. Dann profitierte Balingen zum einen vom Torwartwechsel auf Baumeister, zum anderen von unglücklichen Entscheidungen zu Lasten des HSC, die nicht nur einmal vergebens auf einen Freiwurfpfiff warteten. So wie Prakapenia, der sich durchgewühlt hatte und dessen Ball beim Prellen mit dem Fuß abgewehrt wurde oder Varvne der den Ball unter Umklammerung weitergespielt hatte. Der darauf folgende Konter führte zu einer Zeitstrafe gegen Zettermann, der seinen Gegner beim Torwurf kaum berührt hatte. So wie bei Jaeger wenig später, dessen Gegenspieler mehr über die Füße des Coburgers stolperte, als das der HSC-Kreisläufer aktiv war. Romas Kirveliavicius, der seinem Ex-Verein sechs Bälle ins Netz setzte: „Wir haben einen Punkt gefunden, sind ins Laufen gekommen und haben es genutzt, als Coburg dezimiert war. Es hat uns zu einfachen Toren verholfen.“ Dem gegenüber stand sein klares Foul an Hagelin als der frei zum Wurf die ganze Abwehrwucht des österreichischen Nationalspielers zu spüren bekam. Es gab nur Freiwurf und der Schwede musste drei Angriffe lang pausieren, weil er auf dem Spielfeld behandelt werden musste. Das sieht das Regelwerk so vor.
Nach dieser für Coburg unglücklich gelaufenen Phase war es wieder wie in Durchgang Eins. Balingen legte vor, ließ sich aber nicht mehr beirren. Obwohl der HSC Chancen dazu hatte. So wurden zwei freie Bälle am Kreis vergeben. Hinzu kamen dann auch häufiger „unforced errors“, so beim 25:24 als Coburg letztmalig die Chance auf den Ausgleich hatte. Doch es war förmlich zu spüren, dass dieses hochklassige, temporeiche Zweitligaspiel enorm Substanz gekostet hatte und das konnte das ersatzgeschwächte HSC-Team, in dem Billek, Sproß, Wucherpfennig und Weber fehlten in der Schlussphase nicht mehr kompensieren. Einen kleinen versöhnlichen Schlusspunkt gab es noch aus Coburger Sicht. Max Preller, geboren im Gründungsjahr des HSC 2000, erzielte mit dem letzten Coburger Treffer sein erstes Zweitligator.
Stimmen
HSC-Trainer Jan Gorr: „Wir haben am Ende des Spiels mehr Fehler gemacht. In der ersten Halbzeit hat der Angriff unsere Abwehrschwäche kompensiert, das ist uns nach der Pause nicht mehr so gelungen. Zudem gab es zu viele Fehlpässe, zu denen uns der Gegner mit seiner Abwehr auch ein bisschen gezwungen hat und insgesamt haben wir uns da nicht clever genug angestellt.“
HSC-Rückraumspieler Christoph Neuhold: „50 Minuten lang war für beide Mannschaften alles möglich. Es war bis dahin ein enges, hochinteressantes Spiel. Balingen hat in der Schlussphase dann aber abgezockter gespielt.“
HBW-Trainer Jens Bürkle: „Wir haben über 60 Minuten eine Mega-Leistung gezeigt. Beide Mannschaften haben unfassbares Tempo geboten und deswegen hat diese Partie richtig Spaß gemacht, war Werbung für den Zweitligahandball. Ganz wichtig für unseren Erfolg war die Phase vom 19:21 zum 24:21.“
Statistik
HBW Balingen-Weilstetten – HSC 2000 Coburg 31:26 (16:16).
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum; Markus Hagelin (3), Maximilian Jaeger, Max Preller (1), Anton Prakapenia (7), Marcel Timm, Jakob Knauer, Pontus Zettermann (8/6), Girts Lilienfelds (1), Tobias Varvne (4), Christoph Neuhold (2). Trainer: Jan Gorr.
HBW Balingen-Weilstetten: Jonas Baumeister, Tomas Mrkva; Rene Zobel, Marcel Niemeyer (3), Christoph Foth, Romas Kirveliavicius (6), Matthias Flohr (1), Jannik Hausmann (1), Gregor Thomann, Lars Friedrich (2), Tim Nothdurft, Oddur Gretarsson (10/6), Martin Strobel (2), Jona Schoch (6), Jan Bitzer. Trainer: Jens Bürkle.
SR: Markus Hurst / Mirko Krag
Spielfilm: 3:2 (4.), 4:4 (6.), 5:6 (9.), 9:6 (13.), 10:8 (15.), 10:10 (18.), 11:11 (21.), 13:12 (24.), 14:14 (27.), 16:16 – 17:18 (32.), 19:19 (35.), 19:21 (38.), 24:21 (44.), 25:24 (49.), 27:24 (53.), 30:25 (57.), 31:26.
Zuschauer: 2.350
Siebenmeter: 6/6 – 6/6
Strafminuten: 10 (Niemeyer, Hausmann, Thomann, Strobel, Schoch) – 8 (Jaeger, Prakapenia, Zettermann 4)
Beste Spieler: Kirveliavicius, Schoch – Prakapenia, Varvne
Bericht von Ralph Bilek
Bild von Iris Bilek