2. Handball-Bundesliga – Plötzlich war der HSC hellwach und drehte einen Fünf-Tore-Rückstand in einen Sieg. Billek, P. Weber und Varvne mit zusammen 22 Toren. Florian Billek knackt die 1.000-Tore-Marke.

Nettelstedt-Lübbecke/Coburg – Der HSC 2000 Coburg hat nach vier Spielen ohne Sieg beim Erstligaabsteiger TuS Nettelstedt-Lübbecke die Wende geschafft und mit einem 32:27-Sieg beide Punkte mit nach Coburg genommen. Dabei zeigte der HSC seine beiden Gesichter dieser Saison. Erst lief es zwanzig Minuten so wie in der Rückrunde so oft und sie liefen einem Sechs-Tore-Rückstand hinterher. Dann zeigten sie das Gesicht der Vorrunde, als sie trotz zahlreicher Ausfälle den Gegner oft dominierten. In Nettelstedt fehlten Pontus Zetterman und Anton Prakapenia stand nur auf dem Spielformular, wurde nicht eingesetzt. Dafür erwischte Fllorian Billek einen tollen (Konter-)tag, Tobias Varve traf sogar von der Rechten Rückraumposition und Patrick Weber zeigte sein bestes Spiel im HSC-Trikot. Doch danach sah es erst einmal überhaupt nicht aus.

Mit einem Technischen Fehler startete der HSC in die Partie und machte dort weiter, wo sie vergangene Woche aufgehört hatten. Dann liefen sie erst einmal den vorgelegten Toren von Nettelstedt hinterher. Die agierten in der Deckung sehr flexibel, nahmen zwischendurch Varvne in Manndeckung. Coburg egalisierte eine Zeitlang den vorgelegten Treffer der Gastgeber, übertrieb es dann aber mit schnellen Abschlüssen. Der Gegner nutzte dies aus, setzte sich auf 6:4 ab, vergab dann jedoch einen Strafwurf, der am Pfosten landete. Coburg tat sich gegen die hart zupackende TuS-Abwehr schwer, suchte immer wieder aufs Neue nach spielerischen Lösungen. Ab und an machten sie es Nettelstedt auch zu leicht, weil die Spielzüge erahnt und die Pässe abgefangen wurden. Oder die Bälle kamen durch schlechte Zuspiele erst gar nicht beim Nebenmann an. Auch das passierte nicht nur einmal in den ersten zwanzig Minuten. Deswegen lief Coburg dann einem Fünf-Tore-Rückstand hinterher und hätte Varvne in zwei Szenen nicht geschickt den Konter unterbunden, hätte es zu diesem Zeitpunkt schon viel düsterer für die Coburger ausgesehen. „Wir sind ordentlich ins Spiel gestartet, hatten dann einige Probleme im Abwehrverbund, die Tore sind viel zu schnell gefallen, Nettelstadt hat es mit seiner großen individuellen Klasse gut herausgespielt und wir geraten mit fünf Toren in Rückstand“, erklärte Gorr nach der Partie.

In einer Auszeit versuchte er seine Jungs neu einzustellen Was er seinem Team da vermittelt hat, dazu wollte der Coburger Trainer nichts sagen: „Das bleibt unser Geheimnis“, teilte er schmunzelnd mit. Aber er hatte wohl die richtigen Worte gefunden. Denn plötzlich klappte das Passspiel, der HSC riss Lücken in den bis dahin so soliden Abwehrverband der Gastgeber und hatte fünf Minuten später mit einem 5:0-Lauf den Ausgleich geschafft. In diesen fünf Minuten war Coburg an Effizienz nicht zu überbieten. Die Frage war, warum das plötzlich klappte, das Fehlpassfestival der ersten zwanzig Minuten ein Ende hatte. Denn die Abwehr der Gastgeber wackelte jetzt häufiger oder wurde nach Balleroberungen ausgekontert. Die knappe HSC-Halbzeitführung konnte so nach zwanzig Minuten nicht erwartet werden und hätte Max Jaeger seinen Konter kurz vor dem Pausenpfiff nicht an die Latte genagelt, sein Team hätte sogar mit zwei Toren Vorsprung in die Kabine gehen können. Maßgeblich beteiligt an dieser Aufholjagd war auch Konstantin Poltrum im HSC-Tor, der neben zwei tollen Paraden beim Stand von 11:9 (24.), einen Strafwurf parieren konnte, es war bereits der zweite vergebene für Nettelstedt.

Vom Anpfiff weg legte Coburg nach dem Wechsel mit viel Übersicht drei weitere Treffer vor, erst traf Timm vom Kreis, dann Varvne aus dem Rückraum, nachdem lange nach der Lücke gesucht wurde und anschließend erkämpfte sich Timm nach einem partierten Wurf von Knauer gegen zwei Gegenspieler den Abpraller und traf zum 14:18 – Auszeit Nettelstedt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der HSC einen 12:3-Lauf hinter sich. Und Nettelstedt Patrick Weber „auf dem Kiecker“. Denn der hatte einige Male „abgefackelt“, wurde erst von Walczyk und dann von Genz zu hart angegangen. Die erste Strafzeit lief für Coburg ungünstig, denn ohne selbst zu treffen, kassierten sie zwei Gegentreffer.

Besser machten sie es kurz drauf. Aber sich weiter abzusetzen gelang ihnen nicht. Denn Nettelstedt spielte in der Deckung nun deutlich offensiver, versuchte die Passwege zuzustellen, machte dafür am Kreis natürlich die Deckung auf. Sobald der HSC da mit Übersicht agierte, klappte es meist mit dem Torerfolg. Zumindest hielten sie den Gegner so einigermaßen auf Distanz. Doch der Kräfteverschleiß war schon zu spüren, zumal Jakob Knauer dann drei Angriffe pausieren musste, weil der auf dem Spielfeld behandelt wurde, ohne dass sein Gegenspieler eine Strafe erhalten hatte. Aber auch davon ließ sich der HSC nicht beirren – Sproß kam auf die Mittelposition, Varvne rutschte nach rechts und traf von dort auch gleich zum 23:27. (51.). Nettelstedt probierte noch einmal vieles aus, agierte mit schneller Mitte, brachte den siebten Feldspieler, deckte noch offensiver. Aber Coburg konnte nun nichts mehr aus der Ruhe bringen. Mit einer lange nicht gekannten Selbstverständlichkeit spielten sie die Partie herunter. Auch Jan Gor war zufrieden: „Nach der Pause haben wir das recht souverän weitergeführt. Wir haben die Ruhe bewahrt. Auf die sechzig Minuten gesehen waren das zwei absolut verdiente Auswärtspunkte.“ Eine kleine Randnotiz: Mit seinem sechsten Tor in dieser Partie erzielte Florian Billek seinen 1.000 Treffer im Trikot des HSC 2000 Coburg.

Stimmen

HSC-Trainer Jan Gorr: „Wir hatten uns für die Partie sehr viel vorgenommen. So wie sie dann gelaufen ist, sieht man, dass den Jungs viel daran gelegen hat, es besser zu machen als gegen Hamm. Wir haben das Ganze nach dem klaren Rückstand stabilisiert, indem wir für den Angriff eine Formation mit zwei Kreisläufern gewählt haben, so haben drei Kreisläufer hinten auch die Abwehr stabilisiert. Das hat sich ausgezahlt und so sind wir zurückgekommen.“

HSC-Rückraumakteur Patrick Weber: „Nach der Riesenenttäuschung der letzten Woche, wollten wir das wieder ausradieren. Das haben wir geschafft.“

HSC-Gründungsmitglied Jochen Knauer: „Die ersten zehn Minuten waren in Ordnung und urplötzlich sind wir eingebrochen. Danach haben wir es aber souverän gemacht, über den Kampf ins Spiel gefunden. Eine Super-Mannschaftsleistung, so wünschen wir uns das.“

Statistik

TuS Nettelstedt-Lübbecke – HSC 2000 Coburg 27:32 (14:15).

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (3 Paraden, 11 Gegentore), Konstantin Poltrum (5 Paraden, 16 Gegentore); Markus Hagelin, Maximilian Jaeger (2), Lukas Wucherpfennig, Felix Spross, Sebastian Weber (1), Anton Prakapenia, Florian Billek (10/3), Marcel Timm (2), Jakob Knauer (3), Tobias Varvne (6), Patrick Weber (6), Christoph Neuhold (2). Trainer: Jan Gorr.

TuS Nettelstedt-Lübbecke: Peter Tatai, Mats Grezesinski, Joel Birlehm; Jo Gerrit Genz (5), Patryk Walczak (1), Jens Bechtloff (4/1), Lukasz Gierak (1), Marko Bagaric (1), Peter Strosack (4/1), Luka Rakovic, Valentin Spohn (2), Dener Jaanimaa (2), Moritz Schade, (1) Marian Orlowski (3/1), Jan-Eric Speckmann (1), Kenji Hövels (2). Trainer: Heidmar Felixson.

SR: Tolga Karamuk / Nikos Seliger

Spielfilm: 2:2 (4.), 4:4 (8.), 6:4 (10.), 7:5 (14.), 7:6 (15.), 11:6 (21.), 11:11 (26.), 12:13 (27.), 14:15 – 14:16 (31.), 14:18 (35.), 18:20 (39.), 18:22 (41.), 21:23 (44.), 21:25 (46.), 23:25 (48.), 23:27 (50.), 23:28 (52.), 23:29 (53.), 25:31 (56.), 27:31 (59.), 27:32.

Zuschauer: 1.341

Siebenmeter: 3/5 (Bechtloff trifft den Pfosten, Strosack scheitert an Poltum) – 3/4 (Billek scheitert an Tatai)

Strafminuten: 8 (Genz, Walczak 4, Bechtloff) – 4 (Neuhold, Timm)

Beste Spieler: Genz, Strosack – Billek, Varvne, P. Weber.

Bericht von Ralph Bilek

Bild von Iris Bilek