Beim Dessau-Roßlauer HV wurden zwanzig Minuten Anlaufzeit und ein 8:1-Lauf benötigt. Auch dann taten sie sie schwer. Zweitliga-Weltrekordkulisse in Hamburg.

Im allerletzten Vorrundenspiel der 2. Handball-Bundesliga am gestrigen späten Nachmittag hat der HSC 2000 Coburg sich die Herbstmeisterschaft gesichert. Beim Dessau-Roßlauer HV gaben sich die Coburger keine Blöße und gewannen mit 28:25. Herausragend dabei Tobias Varvne als Denker, Lenker und Vollstrecker im Coburger Angriff.

Am Vortag hatte der einzige Konkurrent, HBW Balingen-Weilstetten mit einem klaren 30:19-Erfolg gegen den TV Großwallstadt vorgelegt, nach Toren jedoch nicht gleichziehen können. Aufgrund der besseren Tordifferenz bleibt Coburg vorne. Von den Verfolgern verloren TuS Ferndorf sein erstes Heimspiel (21:22 gegen den VfL Eintracht Hagen) und TuSEM Essen vor der Zweitliga-Weltrekordkulisse von 9.702 Zuschauern beim HSV Hamburg mit 32:33.

Viel Platz war wieder einmal auf der Coburger Auswechselbank. Denn während die Gastgeber 16 einsatzfähige Spieler hatten, fiel beim HSC kurzfristig noch Christoph Neuhold aus. Den ersten Aufreger gab es bereits nach drei Minuten als Markus Hagelin trotz zweier Gegenspieler im Kreis traf, die SR den Treffer nicht anerkannten, nur Freiwurf gaben und dann eine Fußabwehr der Dessauer Abwehr nicht sahen. Die Folge war eine 2:0-Führung der Gastgeber und ein aufgeregter HSC-Coach Jan Gorr an der Seitenlinie. Aber diesem Rückstand lief das Team erst einmal hinterher. Zumindest bis der erste Konter lief, den Wucherpfennig zum 5:5 verwandelte.

Es war das von Gorr erwartete Kampfspiel, das bekamen seine Spieler ganz schnell und immer wieder zu spüren. Durch diesen Druck, den die DRHV-Abwehr ausübte, passierten auch einige vermeidbare Fehler, die eine HSC-Führung verhinderten. Im Gegenteil, denn schnell mussten sie erneut zwei Toren hinterherlaufen, weil die Gastgeber ihre Chancen recht konsequent verwerteten. Coburg vergab Mitte der ersten Halbzeit dann einen Strafwurf, den fälligen im Gegenzug parierte Poltrum. Dann gab es doch die erste Drei-Tore-Führung, weil die Pässe an den Kreis zu Hagelin zum wiederholten Male mit sehr viel Optimismus gespielt wurden. Bereits zum dritten Mal blieb die Dessauer Abwehr da Sieger und der Konter führte zum 10:7.

Die Auszeit, die Gorr dann nahm, kam wohl zu rechten Zeit. Denn gerade einmal zweieinhalb Minuten später waren die drei Tore aufgeholt und das nächste Überzahlspiel kurz darauf nutzte Coburg zur ersten eigenen Führung und noch während der gegnerischen Zeitstrafe legten sie einen weiteren Treffer drauf. Es wurde nicht mehr ganz so riskant agiert, vor allem Tobias Varvne nahm jetzt die Verantwortung in die Hand. Anstatt der Pässe zum Kreis wurde jetzt lieber selbst auf die Lücken der offensiv ausgerichteten gegnerischen Abwehr gegangen. Hinzu kam, dass Dessau jetzt einige „Fahrkarten“ fabrizierte und Coburg damit in die Karten spielte. Nur einen Treffer kassierten sie nach dem 10:7, trafen selbst acht Mal und durch diesen 8:1-Lauf ging es mit einem komfortablen Vorsprung in die Kabine.

Es dauerte ein bisschen, bis sie danach wieder erfolgreich waren und in der Abwehr konnten sie gerade jetzt die Anspiele an den Kreis nicht unterbinden. Vorne hatten sie Probleme mit der jetzt defensiver agierenden DRHV-Abwehr und dem eingewechselten Motlik im Tor. Der Schwung der letzten zehn Minuten vor der Pause war weg. Doch zumindest gelang es den Gegner, auch mit einigen glücklichen Abprallern, auf Distanz zu halten. Glück hatte dann aber auch Motlik im Dessauer Tor, als er sich zwei Mal auf den Ball legte, der gerade im Begriff war über die Torlinie zu rollen und beim einem Pfostentreffer des verlassenen Dessauer Tores. Denn die agierten jetzt auch mal mit dem siebten Feldspieler. Nichtsdestotrotz – Gorr war sichtbar mit seiner Abwehr unzufrieden und auch im Angriff klappte es nicht mehr so recht. Der permanente Druck fehlte irgendwie. Wichtig dass Kulhanek zehn Minuten vor dem Abpfiff in Unterzahl seiner Mannschaft Wurf und den direkten Nachwurf parierte und Zettermann per Konter im Gegenzug wieder auf 19:23 erhöhte.

Aber auch das war zehn Minuten vor dem Abpfiff noch lange kein Ruhekissen für die Coburger. Dessau suchte den schnellen Erfolg, um den Abstand erneut zu verkürzen, warf dann aber einen Strafwurf übers Tor. Als viele dachten beim 20:25 und Überzahl HSC, das Spiele wäre in trockenen Tüchern gelangen dem Gastgeber während dieser Zeitstrafe zwei Treffer, Coburg ging leer aus und das Zittern begann noch einmal. Am Ende stand die Herbstmeisterschaft. Jan Gorr mit einer Bilanz zur überragenden Hinrunde seiner Mannschaft: „Es ist natürlich schwer jetzt direkt nach der Partie Bilanz über die Vorrunde zu ziehen. Wenn man auf die Tabelle schaut und sieht, was alles war, fällt es überwiegend positiv aus. Wir hätten uns nach den ganzen Umstellungen im Team vor der Saison nie und nimmer träumen lassen, dass wir schon auf diesem Level zusammen agieren. Da muss ich der Mannschaft ein Riesen-Kompliment machen. Das ist richtig guter Handball. Wir haben in einigen Spielen, so in Lübeck und Balingen aber auch gesehen, was uns noch fehlt um am Limit zu sein. Da müssen wir in der WM-Pause die ein oder andere Stellschraube bewegen. Was hervorragend war, ist, dass und vor allem das wie wir es geschafft haben, unsere Verletzten zu kompensieren. Das hat dem Team noch das letzte bisschen Selbstbewusstsein gegeben, weil sie gesehen haben, dass wir auch im reduzierten Kreis erfolgreich Handball spielen können. Und im Januar sind dann bis auf Linhart und Barsties wieder alle Mann an Bord.“

Stimme

HSC-Trainer Jan Gorr: „Das waren zwei ganz wichtige Auswärtspunkte und die erwartet schwere Aufgabe. Dessau hat alles in die Waagschale geworfen. Wir sind schlecht in die Partie gekommen, haben dann ein bisschen umgestellt von Routine auf Schnelligkeit. Damit haben wir vor der Pause eine tolle Serie hingelegt. Nach der Pause war es ein Kampf auf Biegen und Brechen. Obwohl wir eine gewisse Distanz zum Gegner halten konnten, war es haarig und wichtig kühlen Kopf zu bewahren.“

Statistik

Dessau-Roßlauer HV – HSC 2000 Coburg 25:28 (11:15)

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum; Markus Hagelin, Maximilian Jaeger (1), Lukas Wucherpfennig (8/4), Felix Sproß (2), Anton Prakapenia (3), Marcel Timm (2), Jakob Knauer (2), Pontus Zettermann (2), Girts Lilienfelds, Tobias Varvne (8). Trainer: Jan Gorr.

Dessau-Roßlauer HV: Dominik Plaue, Radek Motlik; Tomas Pavlicek (3/1), Marek Vanko (4), Slavomir Mlotek, Florian Pfeiffer, Libor Harnisch (4), Johannes Wasielewski (1), Daniel Schmidt (1), Jonas Hönicke (4/1), Philip Jungemann (1), Bruno Zimmermann, Tom Hanner (1), Daniel Zele (4), Jan Zahradnicek (2/1), Max Scheithauer. Trainer: Uwe Jungandreas.

SR: Pawel Fratczak / Paulo Ribeiro

Spielfilm: 2:0 (3.), 4:2 (9.), 5:5 (12.), 8:6 (15.), 8:7 (16.), 10:7 (20.), 10:10 (23.), 11:12 (26.), 11:13 (27.), 11:15 – 13:17 (36.), 14:19 (39.), 16: 19 (43.), 19:21 (48.), 19:23 (50.), 20:25 (52.), 22:25 (54.),

Zuschauer: 1.504

Strafminuten: 12 (Wasielewski, Pfeiffer, Jungemann, Schmidt 6) – 6 (Hagelin, Timm, Jaeger)

Beste Spieler: Zele, Vanko – Varvne, Wucherpfennig

Bericht von Ralph Bilek
Bild von Iris Bilek