Coburg setzt seinen Aufwärtstrend nicht fort und ist in der 1. Liga wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. 24:28-Niederlage gegen GWD Minden.

 
Euphorisch feierte Minden: „Auswärtssieg, Auswärtssieg“ hallte es aus dem grünen Sieger-Kreis durch die verlassene HUK-Coburg arena. In der anderen Hälfte standen frustrierte Coburger. Schließlich hatten sich die HSC-Spieler so viel vorgenommen für dieses wichtige Heimspiel. Doch umsetzen konnten sie davon nur wenig. Am Ende stand eine ernüchternde 24:28 (12:16)-Heimniederlage. Wieder  gegen einen direkten Gegner im Abstiegskampf der 1. Handball-Bundesliga.
 
Durch diesen Rückschlag hat es der HSC Coburg verpasst seinen grandiosen Derby-Triumph gegen Erlangen zu vergolden. Mit sieben Punkten bleiben die Vestestädter Letzter und haben nach wie vor schlechte Karten im zuletzt vielversprechend geführten Abstiegskampf. Der Abstand zum rettenden Ufer (Platz 16) beträgt vier Punkte. Diesen heiß umworbenen Rang belegt derzeit das Team aus Balingen mit einem Spiel weniger. Der gestrige Gegner GWD Minden hat sich dagegen vorerst von den gefährdeten Rängen verabschiedet. Den Nordrhein-Westfalen gelang in Coburg der erste Sieg 2021. Nach vier Partien ohne doppelten Punktgewinn (drei Niederlagen, ein Unentschieden) war der verdiente Erfolg in der HUK-Cobur arena ein wahrer Befreiungsschlag. Dementsprechend jubelten die Spieler und Funktionäre gestern auch nach der Schluss-Sirene. Bereits in drei Wochen kommt es zum nächsten Aufeinandertreffen dieser beiden Teams in Minden, dann kann sich der HSC im Rückrundenmatchl in der 84000 Einwohner großen Stadt revanchieren.
 
Davor stehen allerdings erst noch zwei extrem hohe Hürden auf dem steinigen Coburger Weg zum Klassenerhalt. In zehn Tagen, am Sonntag, 7. März (16 Uhr) gastiert der HSC beim Tabellenfünften in Magdeburg und am Mittwoch, 17. März (18 Uhr) müssen die Vestestädter gegen den Drittplatzierten THW Kiel ran – Punktgewinne sind da eher unwahrscheinlich.
 
GWD Minden 24:28 (12:16)
 
Tobias Varvne fing so an, wie er am vergangenen Donnerstag gegen Erlangen aufgehört hat. Nämlich mit beherzten, mutigen Aktionen. Auch wenn der Schwede bei erhobenem Arm der Schiedsrichter zweimal unter Zeitdruck verwarf, so traf er doch zum 1:2, holte den Siebenmeter zum 2:3 heraus (5.) und setzte Andreas Schröder perfekt in Szene (4:6/10.). Damit hielt er sein Team im Spiel, denn die Abwehr offenbarte nicht nur in der Anfangsphase Schwächen.
 
Zu viele Lücken am eigenen Kreis
 
Immer wieder fanden die ganz in grün gekleideten Mindener eine Lücke am Kreis, steckten den Ball geschickt zu ihrem Kreisläufer durch. Zwei-Meter-Mann Christoffer Rambo machte außerdem seinen Namen aus dem Rückraum alle Ehre und kanonierte ohne Rücksicht auf Verluste. Es schlug regelmäßig hinter Jan Kulhanek ein (5:9/15.). Das wurmte HSC-Coach Alois Mraz gewaltig. Der Tscheche hatte Redebedarf und knöpfte sich seine Jungs schon nach einer Viertelstunde erstmals vor.
 
Wo war der Derby-Biss?
 
Ohne Erfolg. Auch in den Minuten danach schüttelte Mraz mehrfach den Kopf oder kickte enttäuscht gegen ein Stuhlbein. War denn seinen Mannen die Bedeutung dieses Spiels nicht bewusst? Wo war der vom Chefcoach im Vorfeld geforderte „Derby-Biss“? Hatten die „Gelb-Schwarzen“ den Mumm in der Kabine gelassen?
 
Mraz brachte Christoph Neuhold, Kulhanek machte im Tor freiwillig Platz für Konstantin Poltrum – doch das alles half nichts. Die Performance des Tabellenletzten wurde nicht besser. Dennoch wäre ein günstigeres Halbzeitergebnis möglich gewesen, denn Florian Billek und Milos Grozdanic vergaben nach Tempogegenstöße dreimal frei vor dem starken Malte Semisch, der im Mindener Tor den Vorzug vor Ex-Nationaltorwart Carsten Lichtlein bekam: 12:16 zur Pause.
 
Ein Durchgang zum Vergessen
 
Ein Durchgang zum Vergessen aus Sicht der Gastgeber. Alois Mraz erinnerte seiner Mannschaft in der Kabine sicher an die Ausgangsposition von vor einer Woche. Auch gegen Erlangen lagen die Coburger nach einer schwächeren ersten Hälfte klar zurück. Mit 15:18. Hoffnung auf eine erfolgreiche Aufholjagd keimte nach der Pause nach zwei schnellen Treffern von Grozdanic tatsächlich auf (14:16/33.), doch dann zog Semisch den zunehmend verzweifelnden HSC-Rückraum-Werfern den Zahn (16:21/41.).
 
Großer Siegeswille auf  beiden Seiten
 
Ein 6:2-Lauf der hochmotivierten Gäste bedeutete aber noch nicht die Vorentscheidung, denn die Coburger ließen nicht locker, glaubten bis zum Schluss an ihre Chance. Dieser Abnutzungskampf lebte jetzt vor allem von Emotionen: Die Mindener Ersatzspieler sprangen bei jedem Treffer auf und bei jeder gelungenen Abwehraktion geschlossen von ihren Sitzen, streckten die Fäuste in die Höhe, schrien sich an und klatschten sich begeistert ab – die Körpersprache bei den 2021 noch sieglosen Gäste war überragend. Ihr Siegeswillen schien sogar größer ausgeprägt, als der von den Coburger Derby-Helden.
 
Mit hängenden Köpfen in die Katakomben
 
Dank sicher verwandelter Siebenmeter ihres serbischen Linksaußen blieb der HSC zwar einigermaßen dran (22:25/50.), doch Spannung kam in der Crunchtime nicht mehr auf. Dazu war die HSC-Deckung zu schwach. Die Spieler bestätigten ihre überragende Leistung aus dem Erlanger Spiel nicht und verschwanden mit hängenden Köpfen in den Katakomben.
 
Trainerstimmen
 
Frank Carstens (GWD Minden): „Wir haben wirklich eine aufopferungsvolle Abwehrarbeit geleistet, viele Duelle gewonnen und sind so in die Konter gekommen. Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft. Die Spieler haben auch beim Stand von 22:25, als es noch einmal hätte eng werden können, den Focus behalten. Sie sind souverän geblieben, das ist in unserer Situation auch nicht selbstverständlich. Deshalb ein großes Kompliment.“

Alois Mraz (HSC Coburg): „Es war ein verdienter Sieg der Mindener. Wir sind nicht gut in die Partie reinkommen, lagen schnell mit 0:2 zurück und sind immer hinterher gelaufen. Bis zum Schluss. Natürlich hatten wir auch ein paar Möglichkeiten um heran zu kommen, aber da haben wir einfach zu viel verworfen. Wir haben uns gegen diese gute Mindener Abwehr aber auch sehr schwer getan. Schade.“

 

 

Bericht von inFranken

Bild von Svenja Stache