Coburger fühlten sich benachteiligt. Dresden war in der Schlussphase viel abgezockter und stand sattelfest in der Abwehr.
Coburg – Mit Handball hatte die Spielweise des HC Elbflorenz Dresden in der Abwehr kaum etwas zu tun. Die Spieler des HSC 2000 Coburg durften, nahezu unbehelligt von Zeitstrafen, niedergerungen werden und ließen davon sich mehr und mehr aus dem Tritt bringen. „Wir haben uns zu viel mit Randerscheinungen beschäftigt“, erklärte HSC-Coach Jan Gorr die 21:26-Niederlage im Anschluss an die Partie, in der sein Team nach 44 Minuten und 33 Sekunden das Torewerfen einstellte.
Sechs Tore nach dem Wechsel, davon nur drei aus dem Spiel heraus, sind indiskutabel. Dresden machte das Beste aus seinen Möglichkeiten, spielte hart und diszipliniert bis zum Schluss. Der Sieg geht damit sogar in Ordnung, weil diese beim HSC komplett verloren ging und die zweite Heimniederlage, gleichzeitig zweite Rückrundenniederlage und das Aus im Kampf um den Aufstieg besiegelte. „Wir haben unsere spielerische Linie komplett verloren“, musste Gorr eingestehen, ein Fan formulierte es beim Verlassen der Halle drastischer: „Desolat.“
Der Ausfall, den der HSC am vergangenen Samstag zu verkraften hatte, war weniger schlimm als in der Vorwoche. Diesmal hatte sich nur Maskottchen „Vestus“ mit einer Grippe krank gemeldet, die zuletzt fehlenden Florian Billek und Tobias Varvne kehrten zurück.
Über sie lief auch die Aktion zum ersten Treffer gegen eine sehr offensiv stehende Dresdener Abwehr, wobei der HSC die Freiräume nutzte und der Pass letztendlich zum frei am Kreis stehenden Stefan Lex kam. Es sollte der schönste Spielzug des gesamten Spiels beim HSC bleiben.
Auch in der Folge wirbelten sie weiter, so dass Gäste-Coach Christian Pöhler bereits nach 160 Sekunden und dem Stand von 3:0 die Notbremse zog und zur Auszeit rief. Den Vorsprung zu vergrößern gelang Coburg auch aufgrund zweier vergebener Strafwürfe nicht und zu selten zeigten sie bis die Übersicht dieses ersten Spielzuges, stellten in der Schlussviertelstunde das Handballspielen gänzlich ein.
Dresden spielte, mit dem geschickt Regie führenden Spielmacher Roman Becvar, seine Angriffe oft lange aus, agierte in der Abwehr wie von Trainer Pöhler angekündigt extrem körperbetont, stand jetzt aber defensiver als noch zu Beginn.
Trotzdem fanden die Coburger Lücken, so wie beim sehenswerten Pass von Tobias Varvne und dem gelungenen Abschluss von Kelm am Kreis zum 8:4. Doch in der Abwehr waren sie gerade in der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit ab und an zu unkonzentriert, was sich später noch steigern und zu einem völligen Blackout in der Schlussviertelstunde führen sollte.
Dresden blieb nicht nur wegen der zwei vergebenen HSC-Strafwürfe dran, sondern auch deswegen, weil Abpraller fast immer deren Beute wurden. Da war Coburg zu früh nach vorne orientiert oder hatte einfach auch Pech. Dazu schlichen sich Fehler im Passspiel ein, die jedoch auch der ständig schiebenden Gäste-Abwehr geschuldet waren.
Daraus resultierten indirekt auch die sechs Siebenmeter, die bereits nach 25 Minuten zu Buche standen. Fast unauffällig schlich sich Elbflorenz heran, schaffte beim 12:11 den direkten Anschluss. Als Gorr dann bei der ersten Strafzeit gegen sein Team den zusätzlichen Feldspieler für den TW brachte, der Ball aber verloren ging, stand es erstmals unentschieden. Geschickt spielten die Dresdener zudem mit weiten Pässen ihre Überzahl aus und hatten zur Pause das Remis fast auf der Hand. Doch mit zwei Energieleistungen am gegnerischen Kreis rettete Markus Hagelin Coburg eine knappe Führung in die Pause.
Dresden blieb weiter ein unbequem zu spielender Gegner, der zudem immer wieder von Fehlern des HSC profitierte. Erst ein Fehlpass von Varvne, wenig später von Lex, Elbflorenz nahm diese Gastgeschenke dankend an, ließ sich nicht abschütteln. Bewunderswert war zudem deren Geduld im Spielaufbau und die geschickte Abwehrstrategie, denn auch da ließen sie sich, zu oft ungeahndet, nicht abschütteln.
Irgendwie fand Coburg kein rechtes Mittel zumal Entscheidungen immer häufiger einseitig zu Lasten des HSC fielen und dauerhaft das Ringen nicht unterbunden wurde. Gerade eine Strafzeit gegen Markus Hagelin, der bei seinen Toren vor der Pause ungestraft härter genommen wurde, brachte die Zuschauer auf.
Die Gemüter beruhigten sich nicht, die Partie wurde immer kampfbetonter, doch es war auch zu wenig Bewegung im Coburger Angriffsspiel. Das wäre gegen die immer wieder auch offensiv heraustretende Gäste-Deckung unbedingt nötig gewesen.
Da suchte Coburg oft vergebens Lösungen und wenn sie sich für eine entschieden hatten war die oft zu riskant. Viel ging nicht mehr zusammen, obwohl bei Dresden Becvar am Oberschenkel behandelt werden musste. Achteinhalb Minuten vor dem Abpfiff ging Dresden erstmals in Führung.
Das zum Ende hin immer ruhiger werdende Publikum, das sich dann früh wie die Mannschaft mit der Niederlage abfand, bot zu diesem Zeitpunkt den Unparteiischen mehrfach Brillen an, Fan-Klatschen flogen aufs Spielfeld – ein bisschen auch verständlich.
Eine klare Fehlentscheidung war das 24:21 der Gäste, als sich der Dresdner den Ball vor seinem Torerfolg mit dem Fuß vorlegte und der sich darüber beschwerende Gorr auf die Frage, was da gepfiffen wurde, eine Zeitstrafe bekam. „Die erste meiner Karriere.“ Die Spitze des Eisberges einer schwachen SR-Leistung, von sich die Coburger klar benachteiligt sahen – und es auch waren.
Denn das Zeitstrafenverhältnis spiegelt im Gegensatz zum Strafwurfverhältnis in keinster Weise die Art und Spielweise der Gäste-Abwehr wieder. Doch bei Dresden ist anzuerkennen, dass sie die Regelauslegungen clever zu ihrem Vorteil nutzten und für eine bittere und am Ende auch verdiente Niederlage der Coburger sorgten.
Stimmen
HSC-Trainer Jan Gorr: „Wir sind herausragend gestartet und haben uns dadurch vielleicht zu sehr in Sicherheit wiegen lassen. Danach schlichen sich immer mehr Unachtsamkeiten in unser Spiel, Dresden stellte uns mit seinem Spielaufbau auf eine Geduldsprobe. Der sind wir nicht gerecht geworden. Die sehr gute und disziplinierte Leistung des Gegners hat in der Schlussphase das Pendel auf deren Seite ausschlagen lassen, wir haben unsere spielerische Linie komplett verloren.“
HCE-Trainer Christian Pöhler: „Obwohl wir nicht gut in die Partie gestartet sind, hat meine Mannschaft ihren Stiefel einfach weitergespielt und schon vor der Pause angedeutet, dass etwas möglich ist. Die zweite Halbzeit von uns war dann phänomenal. Wir haben nur sechs Gegentore bekommen und unsere offensive Abwehrarbeit hat sich mehr und mehr durchgesetzt. Das war die Grundlage für den Riesenerfolg.“
Statistik
HSC 2000 Coburg – HC Elbflorenz Dresden 200621:26 (15:14).
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (14 Gegentore, 10 Paraden), Oliver Krechel (12 Gegentore, 2 Paraden); Philipp Barsties, Markus Hagelin (2), Lukas Wucherpfennig (8/8), Felix Sproß (3), Dominic Kelm (1), Sebastian Weber, Stefan Lex (1), Benedikt Kellner, Florian Billek (1), Till Riehn, Jakob Knauer, Tobias Varvne (3), Romas Kirveliavicius (2). Trainer: Jan Gorr.
HC Elbflorenz: Hendrik Halfmann (14 Gegentore, 3 Paraden), Mario Huhnstock (7 Gegentore, 2 Paraden); Tim-Philip Jurgeleit (2/2), Rene Boese (2), Julius Dierberg (8/3), Arseniy Buschmann, Gabriel de Santis, Norman Flödl, Nils Holger Kretschmer (1), Robin Hoffmann (1), Sebastian Greß (4), Daniel Zele (1), Adrian Kammlodt, Roman Becvar (2), Henning Quade (4), Gabor Pulay (1). Trainer: Christian Pöhler
SR: Alan Schaban / Matthes Westphal
Spielfilm: 3:0 (3.), 4:1 (5.), 5:2 (10.), 6:2 (13.), 6:3 (14.), 8:4 (16.), 9:7 (21.), 11:8 (24.), 12:11 (27.), 12:12 (28.), 14:14 (30.), 15:14 – 16:14 (33.), 16:16 (35.), 18:17 (37.), 18:18 (40.), 20:19 (42.), 21:19 (45.), 21:21 (51.), 21:22 (52.), 21:23 (54.), 21:25 (58.), 21:26.
Zuschauer: 2.286 in der HUK Coburg arena
Siebenmeter: 9/11 (Billek scheitert an Halfmann und wirft am Tor vorbei) – 5/5
Strafminuten: 8 (Barsties, Hagelin, Lex, Gorr) – 8 (Buschmann, Kretschmer 4, Zele)
Beste Spieler: Varvne, Lex – Becvar, Quade, Dierberg.
Bericht von Ralph Bilek