Bissige Wölfe entführen im Franken-Tatort zwei wertvolle Punkte. Kommissar Ankersen und sein Team starten vergeblich eine Verfolgungsjagd. Die Gäste entkommen. Ihre Beute: Ein 26:25-Sieg.
Trotz Minuskulisse: Das fränkische Prestigeduell in der 2. Handball-Bundesliga war hitzig, emotionsgeladen und bis zur Schlusssirene spannend. Die beiden Rivalen vom HSC 2000 Coburg und den Rimparer Wölfen schenkten sich nichts und boten den 390 Zuschauern in der HUK-COBURG arena einen atemberaubenden Samstagskrimi.
Die Treuen der Treusten sorgten für eine tolle Stimmung – das Ambiente, das Feeling, das Feuer vergangener Prestigeduelle kam aber trotz des attraktiven Spielverlaufs nicht auf. Die hochmotivierten Wölfe legten bereits Mitte der ersten Hälfte drei Tore vor, und der HSC startete nach einem Vier-Tore-Rückstand zur Pause eine vor allem für die gelben Fans aufregende Verfolgungsjagd. Am Ende reichte es nicht ganz: 25:26 hieß es nach 60 unterhaltsamen, spielerisch aber den Tabellenständen beider Teams entsprechenden nur durchschnittlichen Zweitliga-Minuten.
HSC-Geschäftsführer Jan Gorr ließ es sich in der Halbzeitpause nicht nehmen, sich über das Hallenmikrofon bei allen Besuchern für deren Kommen zu bedanken. Und der Ex-Trainer hatte auch noch ein inniges Versprechen für die Fans parat: „Es ist in diesen schwierige Zeiten sicher für euch und für uns nicht einfach, aber wir werden weiter alles dafür tun, um Bundesliga-Handball in Coburg bieten zu können.“
HSC 2000 Coburg – ASV Rimpar 25:26 (12:16)
Erstmals mit Fabian Apfel im Kasten und in der ersten Viertelstunde konsequent mit sieben Feldspielern in der Offensive. Brian Ankersen hatte einen mutigen Matchplan. Die neue Taktik des Coburger Trainers brachte zwar nicht den durchschlagenden Erfolg, aber die Ideen des Dänen hatten durchaus einen hohen Unterhaltungswert. Apfel erwies sich nämlich als guter Kurzsprinter, weil er bei jedem HSC-Abschluss mit Rechtsaußen Paul Schikora wechselte und schnell in seinen Kasten zurückeilte – mehrmals kamen dabei seine verzweifelten Rutschpartien zu spät. Der Sohn des HSC-Vorstandssprechers Stefan Apfel und Neffe von Hallensprecher Thomas Apfel parierte aber vier der ersten zwölf Rimparer Würfe – eine Quote, die Mut machte und dem Youngster viel Selbstvertrauen gab. Apropos Apfel und Schikora – der eine sprang für Stammkeeper Jan Kulhanek in die Bresche und der andere übernahm die Rolle von Publikumsliebling und HSC-Torschützenkönig Florian Billek. Die beiden Erfolgsgaranten der Vestestädter fehlten. Der fränkische Rivale hatte ebenfalls Personalsorgen, musste gleich fünf Spieler ersetzen – allerdings nicht coronabedingt, sondern aus Verletzungsgründen. Das Training und die Vorbereitungsphase auf das Prestigeduell lief in Rimpar wie immer – im Gegensatz zu den coronageprägten Geschehnissen beim HSC.
Da sich die Gäste vom Überzahlspiel der Vestestädter nicht überraschen ließen und sich zunehmend technische Fehler im HSC-Angriffsspiel einschlichen, lagen die Gastgeber nach elf Minuten mit 5:6 zurück. Nach einer Viertelstunde nahm Rimpars Coach Julian Thomann beim Stand von 7:7 die erste Auszeit der Partie. Mit Wirkung: Es folgten drei schnelle Gästetore in Serie (7:10/18.). Ankersen reagierte umgehend – Auszeit HSC. Der Däne schraubte im Angriff auf sechs Spieler zurück, um der Abwehr mehr Stabilität zu verleihen.
Mallwitz und Apfel halten stark
Dem besten Akteur auf der Platte war es jedoch egal, ob ihm fünf, sechs oder sieben „Gelb-Schwarze“ gegenüberstanden. Marino Mallwitz, der coole Rimparer Torsteher, drückte dem Derby nämlich jetzt seinen Stempel auf. Er brachte die HSC-Werfer mit seinem überdurchschnittlichen Reaktionsvermögen zur Verzweiflung (9:12/23.). Nur gut, dass sein Gegenüber Apfel sein Niveau hielt und mit tollen Reaktionen sich und seine Vorderleute vor einem noch höheren Rückstand bewahrte. Dennoch wurde es höchste Zeit für den Einsatz des nach wie vor nicht im Vollbesitz seiner Kräfte agierenden HSC-Spielmachers Tobias Varvne. Der erfahrene Schwede sollte es jetzt richten und verkürzte eineinhalb Minuten vor der Pausensirene auch auf 12:15. Beim Stand von 12:16 wurden die Seiten gewechselt.
Aufholjagd wird nicht belohnt
Die Vier-Tore-Hypothek beeindruckte die Coburger wenig. Sie machten im zweiten Durchgang Treffer um Treffer gut. Zwischen der 35. und 45. Minute lag der Ausgleich mehrmals in der Luft. Doch der ließ vorerst noch auf sich warten. Kurioses in der 49. Minute: Obwohl Ankersen seine grüne Auszeit-Karte noch nicht auf den Zeitnehmerpult legte, ertönte zur Überraschung aller plötzlich die entsprechende Sirene. Auszeit HSC – und das ausgerechnet in einer Phase, in der sich die „Gelben“ in einen Rausch spielten, besser gesagt verteidigten.
Justin Kurch war die unfreiwillige Unterbrechung egal: Dem Kreisläufer gelang endlich der von den HSC-Fans lang ersehnte Ausgleich: 21:21 zehn Minuten vor Schluss – Jubel in der Arena. Alle rüsteten sich für die Crunchtime auf der Lauterer Höhe!
Eineinhalb Minuten vor Schluss nahm Ankersen bei einem Tor Rückstand (24:25) seine letzte Auszeit. Ausgerechnet Kapitän Andreas Schröder, der viel Verantwortung übernahm, dem deshalb aber auch etliche Fehler unterliefen, verlor den Ball. Auszeit Rimpar – und nur noch 30 Sekunden auf der Uhr. Die offene Manndeckung brachte Coburg nichts, denn plötzlich war Dominik Schömig auf linksaußen frei und lochte das 26. Mal für Rimpar ein. Das reichte, denn Schröders letztes Tor bedeutete nur noch Ergebniskosmetik. Während die „Gelben“ mit gesenktem Haupt recht schnell in den Katakomben verschwanden, feierten die „Grün-Weißen“ vor ihren drei mitgereisten Trommlern frenetisch ihren Derbysieg.
Trainerstimmen
Julian Thomann (DJK Rimparer Wölfe): „Wir sind wahnsinnig stolz. Die erste Hälfte war relativ klar für uns. Das war überraschend, aber wir sind eben besser in die Partie reingekommen. Dann war es nach der Pause eng, aber wir haben es geschafft. Den Coburgern haben sicherlich die rund 3000 Fans gefehlt, die hätten noch einmal gepusht. Das war natürlich heute unser Glück.“
Brian Ankersen (HSC Coburg): „Der Kampf und der Wille war vor allem nach der Pause da. Die Abwehr stand dann besser als in der ersten Hälfte und ich war damit sehr zufrieden. Jetzt heißt es Kopf hoch, denn wir müssen am Mittwoch wieder ran. Den Spielern, die unter Corona litten oder noch leiten, geht es den Umständen entsprechend gut. Sie haben nur leichte Symptome.“
Bericht inFranken
Bild von Svenja Stache