„Ich will mich auf den Handball fokussieren.“
Konstantin Poltrum begann seine Handball – Karriere bei der HSG Mörlen und spielte danach für den TV Hüttenberg und die HSG Konstanz. Seit dieser Saison bildet er nun zusammen mit Jan Kulhanek das Torhüter – Gespann beim HSC 2000 Coburg.
Man kann sich sehr gut vorstellen, mit so einem Typ wie Konstantin Poltrum befreundet zu sein: offen, humorvoll, stets authentisch. Zudem weiß der 25-jährige schon sehr genau, was er will – sowohl auf dem Parkett als auch abseits der Sporthalle. Die Wahl der richtigen Sportart war auch gleich die erste wegweisende Entscheidung, die „Konsti“ als Jugendlicher treffen musste. „Wahrscheinlich bin ich durch meinen Bruder zum Handball gekommen. Der hat irgendwann mit Handball angefangen und da musste der kleine Bruder zwangsläufig auch zum Handball. Vorher habe ich Fußball gespielt. Bis zur C – Jugend habe ich beides parallel gemacht und mich dann für Handball entschieden.“ Interessanterweise hat er aber zunächst als Feldspieler begonnen und ist erst später zwischen die Pfosten gewechselt. Passend dazu auch eine Anekdote, die ihm Jan Gorr erzählt hatte: „Als ich in der B-Jugend nach Hüttenberg gekommen bin, hatten mein damaliger Trainer und Jan überlegt, ob sie mich ins Feld stellen. Das habe ich überhaupt nicht mitbekommen, das haben sie so untereinander diskutiert und sich dann dagegen entschieden.“ Eine gute Entscheidung, wie sich bald herausstellen sollte. Denn der Schlaks machte seine Sache als Torhüter recht gut, wurde 2011 mit der B – Jugend des TV Hüttenberg Deutscher Vizemeister und erhielt schon bald die ersten Einladungen zu den Nachwuchs – Teams des DHB. Insgesamt 27 Länderspiele bestritt der Keeper für die deutsche Jugend – Nationalmannschaft, für die Junioren kamen schließlich weitere 10 Einsätze hinzu. Der Höhepunkt war dabei zweifellos die U19 – WM 2013 in Ungarn. In Erinnerung geblieben ist dabei natürlich vor allem das kleine Finale gegen Spanien. Das deutsche Team lag nach 45 Minuten mit 18:21 zurück, als Konstantin Poltrum eingewechselt wurde. Er parierte sieben von neun Würfen und legte so den Grundstein für den 29:23 – Erfolg und damit den Gewinn der Bronzemedaille für Deutschland. Weniger zufrieden war er zu jener Zeit dagegen mit seiner Situation im Verein, wo er an der Seite der erfahrenen Matthias Ritschel und Fabian Schomburg nicht die erhofften Einsatzzeiten erhielt. Als dann 2015 neue Vertragsverhandlungen anstanden, entschied sich Konstantin Poltrum schließlich für einen Wechsel. „Ich hatte dann irgendwie keine Lust, vielleicht nochmal die gleiche Situation zu haben. Ich wollte vor allem viel spielen und dann kam das Angebot aus Konstanz.“
Angebot von Jan Gorr zur rechten Zeit
Letztlich war es neben der sportlichen Perspektive auch das Gesamtpaket, dass für einen Wechsel zur HSG Konstanz sprach. „Ich kann hier studieren, und so schlecht lebt man am Bodensee ja auch nicht.“ Und in der Tat lief es von Beginn an gleich richtig gut für den jungen Schlussmann. Seine erste Saison bei der HSG endete mit dem umjubelten Aufstieg in die 2. Bundesliga. Ein Jahr später durfte schon wieder gefeiert werden – diesmal den Klassenerhalt, der angesichts der starken Konkurrenz alles andere als ein Selbstläufer war. Zwar gab es im vergangenen Jahr dann doch noch einen Wermutstropfen, als diesmal der Abstieg in Liga 3 nicht zu verhindern war. Dennoch zieht „Konsti“ im Rückblick eine durchweg positive Bilanz seiner dreijährigen Dienstzeit bei der HSG Konstanz. „Sie leisten auch, ähnlich wie Hüttenberg, eine tolle Arbeit, wie ich finde. Was ich an Konstanz sehr schätze und geschätzt habe ist, dass sie auf der einen Seite jungen Spielern die Plattform und die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln, viel Spielpraxis zu sammeln. Das habe ich extrem gebraucht und war dann glücklich, dass das so funktioniert hat. Auf der anderen Seite bewundere ich den Verein für die Führung und für die Bodenständigkeit. Man könnte das als träge bezeichnen, aber ich finde das sehr nachhaltig gedacht, weil man wirklich fest sein Konzept beibehält und das ist gerade im Sport nicht selbstverständlich. Und das Publikum ist tatsächlich eines der euphorischsten, die ich bisher kennen gelernt habe.“ Entsprechend schwer fiel Konstantin Poltrum dann auch die Entscheidung, die HSG nach drei Jahren zu verlassen. „Es hat auch einiges dafür gesprochen zu bleiben: Meine Freundin wohnt da, ich konnte da studieren, ein wunderschöner Ort, der Bodensee, ein Riesenargument. Auf der anderen Seite stand die Frage: Was setze ich damit für ein Zeichen, nicht nur der Sportwelt oder der Handballwelt generell, sondern auch mir gegenüber. Ich hatte die Möglichkeit, sportlich einen Schritt weiter zu gehen und habe dann gesagt: Okay, wenn ich das jetzt nicht mache, werde ich es wahrscheinlich mein Leben lang bereuen.“ Jan Gorr, bei dem sich der junge Torwart einige Wochen zuvor Rat in einer anderen Angelegenheit geholt hatte, rief ihn an, weil es beim HSC 2000 nach dem kurzfristigen Wechsel von Oliver Krechel zum ASV Hamm – Westfalen Handlungsbedarf auf der Torhüter – Position gab. Spielte es bei seiner Entscheidung für den Wechsel eigentlich eine Rolle, dass er den Trainer Gorr schon aus seiner Hüttenberger Zeit kannte? „Das war schon auch ausschlaggebend. Wenn es ein Trainer gewesen wäre, den ich nicht gekannt hätte und er hätte mich angesprochen, dann wäre die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen. Dann wäre es ein Aspekt weniger gewesen, nämlich der persönliche Kontakt, den man schon vorher hatte.“
Sehr angetan von der neuen Mannschaft
Bereut hat er den Wechsel bisher jedenfalls noch keine Sekunde. „Ich spiele wahrscheinlich in der qualitativ hochwertigsten Mannschaft, in der ich bisher gespielt habe. Das war auch genau der Schritt, den ich wollte. Wenn ich schon meine Komfortzone verlasse, dann will ich mich auch auf den Handball fokussieren. Und ich muss sagen, ich bin sehr positiv angetan von der Mannschaft an sich. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so viel Spaß zusammen haben können. Das ist schon verrückt. Ich weiß nicht, ob es Zufall war, aber es sind viele Charaktere dazu gekommen, die glaube ich der Mannschaft gut tun und die für eine Mannschaft wichtig sind.“ Auch für seinen Torwart – Kollegen Jan Kulhanek findet „Konsti“ nur lobende Worte: „Wir verstehen uns sehr gut. Ich finde es auch erstaunlich, wie wir gegenseitig mitfiebern. Bei Jan steht immer der Mannschaftsgedanke im Vordergrund. Ihm ist nicht so wichtig, dass er viele Bälle hält, sondern dass die Mannschaft gewinnt. Und genau diesen Gedanken habe ich auch. Viele Dinge, an die ich gar nicht gedacht hätte, macht er intuitiv oder über die Erfahrung, die ich mir einfach abgucken will.“ Obwohl aktuell der Sport eindeutig im Vordergrund steht, setzt „Konsti“ auch in Oberfranken sein Lehramtsstudium weiter fort. „Wahrscheinlich brauche ich noch ein Jahr für den Bachelor Of Education. Mir tut es gut, nebenbei was zu machen und nicht nur den ganzen Tag an Handball denken zu müssen. Ich profitiere auch davon und sehe da einen Mehrwert darin, auch für meine persönliche Entwicklung.“ Zudem trainiert er einmal in der Woche auch die Torhüter der B – und C – Jugend des Vereins. „Ich sehe auch da einen Mehrwert für mich darin. Ich studiere nicht ohne Grund Lehramt. Ich möchte ein guter Lehrer werden. Man muss irgendwie Erfahrungen sammeln und ich finde, das ist eine schöne Art, Erfahrungen zu sammeln auf eine ganz ungezwungene Art.“ Wenn dann neben Handball und Studium noch Zeit bleibt, macht der junge Keeper leidenschaftlich gerne Musik. Da stellt sich doch die Frage, ob eines Tages bei einer möglichen Aufstiegsfeier auf dem Coburger Rathausplatz auch auf einen Auftritt des Musikers Konstantin Poltrum gehofft werden darf? „Ich würde mich wahrscheinlich dazu breitschlagen lassen. Ich habe da kein Problem damit, mich auch zum Affen zu machen.“
Bericht von Gerd Nußpickel
Bild von Henning Rosenbusch