Du lieferst seit Wochen überragende und vor allem konstante Leistungen ab und gehörst – gemessen an den diversen Statistiken – zu den besten Torhütern der Liga. Hast du selbst eine Erklärung für diese Leistungen? Hast du bestimmte Sachen im Training oder in der unmittelbaren Spielvorbereitung verändert?

Konstantin Poltrum: „Es ist für mich mit dem Aufstieg ein riesiger Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Dementsprechend hänge ich mich natürlich auch rein, um diesem Niveau zu entsprechen! Ich versuche an vielen Kleinigkeiten zu arbeiten, z.B. mit unserem Athletiktrainer Philipp Barsties körperliche Defizite aufzuarbeiten. Speziell in der Vorbereitung auf den Gegner habe ich natürlich nochmal meine Anstrengungen intensiviert. Aber auch in der Nachbereitung von Trainings- und Spielleistungen investiere ich seit dieser Saison mehr Zeit. Welchen Einfluss welche Veränderung auf meine Leistung hat, kann ich so genau aber nicht sagen…“

In der Rubrik „Siebenmeter – Paraden“ führst du die Rangliste der Liga sogar an. Trainierst du diese Würfe ganz besonders oder ist das schon immer eine ausgesprochene Stärke von dir?

Konstantin Poltrum: „Ich weiß nicht, ob es zwingend eine Stärke von mir ist. Das dürfen gerne andere entscheiden. Es hängt schon auch ein bisschen Glück mit dran, einen Siebenmeter zu halten (selbst wenn man weiß, wo der Schütze hinwerfen will und auch in diese Ecke geht, ist nicht immer gesagt, dass man den Ball auch hält). Mir macht diese Art des Wettkampfes aber auf jeden Fall Spaß! Ich als Torhüter habe dabei im Gegensatz zum Schützen ja auch weniger Druck.“

Haben sich denn nach deinen starken Auftritten eigentlich auch schon ehemalige Mitspieler aus deinen früheren Stationen mal bei dir gemeldet?

Konstantin Poltrum: „Es haben sich schon einige ehemalige Wegbegleiter aus Hüttenberg und Konstanz gemeldet, aber niemand, mit dem ich nicht auch davor regen Kontakt hatte. Allerdings merke ich schon, wie die Aufmerksamkeit steigt.“

Geisterspiele in der HBL sind ja leider auf noch unbestimmte Zeit bittere Realität geworden. Du bist ein Spieler, der auch sehr von seinen Emotionen lebt. Was geht in dir vor, wenn du in eine leere Halle einläufst und wie kann man sich in solchen Momenten trotzdem selbst am besten motivieren?

Konstantin Poltrum: „Es ist unglaublich schade, dass diese Saison Geisterspiel stattfinden müssen und gerade als Aufsteiger fehlt auch ein pushendes Element! Für mich gehört die hitzige Atmosphäre in den Hallen einfach zum Handballsport dazu. Nichts desto trotz hängt unsere Leistung natürlich nicht nur von der Kulisse ab. In erster Linie bin ich selbst für meine Leistung verantwortlich! Und demzufolge wir als Mannschaft für unsere Mannschaftsleistung. Dementsprechend ist jeder Einzelne sowie die Mannschaft als Kollektiv gefragt, um trotz der leeren Halle eine emotionale Atmosphäre zu schaffen und den Kampf anzunehmen.“

Befürchtest du auch nachhaltige negative Auswirkungen auf den Handball sowohl im Leistungssport- als auch im Amateurbereich im Ergebnis der Coronakrise?

Konstantin Poltrum: „Ich denke, so wie jede Branche wird auch der Handball die Langzeitfolgen einer solchen Epidemie spüren. Ich glaube, dass der Profibereich mit finanziellen Einbußen zu rechnen hat. Wovor ich viel mehr Angst habe, sind mögliche Auswirkungen auf dem Breitensport. Mögliche auch längerfristige Beschränkungen für den Freizeitsport könnten die Motivation vieler Jugendlicher dämpfen. Der Handballsport in der Breite wird, denke ich, größtenteils von ehrenamtlichen Trainern, Verantwortlichen und Helfern getragen. Ich muss immer wieder feststellen, dass, in der Jugend eine Mannschaftssportart zu betreiben, in einem hohen Maß soziale Komponenten fördert. Dementsprechend hat für mich der Handballsport auch einen gesellschaftlichen Wert. Diesen Wert gilt es zu erhalten!“

Du bist ja parallel zu deiner Handball – Karriere auch noch Student. Wie ist da der aktuelle Stand und wie lauten in beruflicher Hinsicht deine Pläne für die nahe Zukunft?

Konstantin Poltrum: „Ich befinde mich derzeit im 1. Semester meines Masters im Lehramtsstudium. Ich würde sehr gerne in naher Zukunft anfangen, in einem überschaubaren Umfang Erfahrungen als Lehrer zu sammeln. Wie genau das aussehen kann, weiß ich noch nicht.“

In deiner Zeit beim TV Hüttenberg hast du mit Alois Mraz noch selbst in einer Mannschaft zusammengespielt. Wie hast du ihn aus dieser Zeit noch in Erinnerung und wie erlebst du ihn heute als Trainer?

Konstantin Poltrum: „Natürlich ist die erneute Zusammenarbeit mit Alois nun in einer anderen Funktion, aber ich muss sagen, dass er sich charakterlich nicht verändert hat, was ich sehr positiv finde. Seine Aufgabe ist nicht einfach, gerade mit seinem Ehrgeiz und Anspruch! Aber ich rechne es ihm hoch an, dass er trotz des Drucks, der von außen auf ihn einwirkt, und trotz der schwierigen Lage sich immer loyal schützend vor die Mannschaft stellt! Für mich ist es nicht selbstverständlich, diesen Druck nicht auf seine Spieler abzuladen und er versucht in meinen Augen, alles ihm Mögliche abzufangen, damit wir uns auf uns und unser Handballspielen konzentrieren können.“

„Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.“Abraham Lincoln

Ist aus der Lust, endlich wieder Handball spielen und sich dann auch noch mit den besten Spielern der Welt messen zu können, angesichts der bisherigen Bilanz vielleicht doch schon so etwas wie leichter Frust geworden?

Konstantin Poltrum: „Das Gefühl habe ich nicht! Sicherlich haben wir uns den Start in dieser Runde anders vorgestellt und natürlich könnte die Stimmung in der Mannschaft angesichts des Tabellenstandes besser sein. Aber auf mich wirkt die Mannschaft nicht frustriert, sondern eher sehr gewillt, die bisherige Situation und Leistung zu verbessern. Wir haben uns keineswegs mit der Situation abgefunden, sondern sind im Gegenteil dabei, unseren Einflussbereich auszuschöpfen, um die Situation zu verbessern.“

Wie kann euch als Mannschaft endlich der Turn Around gelingen?

Konstantin Poltrum: „Die einfachste Antwort darauf wäre: Punkte und Siege. Ich denke, für einen Turn Around sind wir als Mannschaft gefragt. Jeder Einzelne kann in meinen Augen noch ein bisschen mehr darüber nachdenken, was er selbst tun kann, damit wir als Mannschaft erfolgreicher sind. Das geschieht bereits und ist keineswegs nur ein individueller Prozess. Der Schlüssel liegt also in uns als Mannschaft! Wir sollten dieses Jahr als Belohnung für die vergangene Saison sehen und versuchen, die letzte Saison mit dem Klassenerhalt dieses Jahr zu vergolden! Wir sind auf dem Blatt Papier noch weit davon entfernt.“

Dein aktueller Vertrag beim HSC läuft zum Saisonende aus. Dürfen sich die Coburger Fans trotzdem Hoffnung machen, dass du auch danach noch für den HSC spielen wirst?

Konstantin Poltrum: „Ich habe ehrlich gesagt noch nicht zu viel darüber nachgedacht, was nächste Saison sein wird. Ich versuche, mich im Dezember voll auf unsere Spiele zu konzentrieren und die bestmögliche Leistung auf die Platte zu bringen. Ich werde aber im Januar Gespräche mit dem HSC führen und mir Gedanken machen, wie es für mich hier weitergehen kann.“

Das Gespräch führte Gerd Nußpickel

Wichtige Anmerkung: Das Interview fand unmittelbar vor dem Auswärtssieg des HSC bei der MT Melsungen statt. In dieser Partie verbuchte „Konsti“ am Ende ebenso viele Paraden wie die MT – Keeper und Nationalspieler Silvio Heinevetter und Nebojsa Simic zusammen.

  

Unsere Nummer 12 – kurz und knapp

Konstantin Poltrum begann in der E – Jugend der HSG Mörlen mit dem Handball und wechselte 2009 zum TV Hüttenberg. Zwei Jahre später wurde der Torhüter mit der B– Jugend des TVH Deutscher Vizemeister. Schon kurz darauf folgten die ersten Einladungen zur Jugend – Nationalmannschaft. Im Laufe der kommenden Jahre absolvierte „Konsti“ insgesamt 27 Jugend – sowie 10 Junioren – Länderspiele. Sein größter sportlicher Erfolg dabei war zweifellos der Gewinn der Bronzemedaille mit der deutschen Auswahl bei der U19 – WM 2013 in Ungarn. 2015 wechselte der angehende Lehrer für Mathematik und Biologie dann an den Bodensee zur HSG Konstanz, mit der ihm nur ein Jahr später der Aufstieg in die 2. Bundesliga gelang. Seit dem Sommer 2018 trägt der inzwischen 26jährige Keeper nun das Trikot des HSC 2000 Coburg.

Bild von Svenja Stache