Die Mannschaft von Jan Gorr steht zum zweiten Mal in Folge zum Hinrundenabschluss ganz oben. Im Topspiel bei TuSEM Essen drehten die Coburger im letzten Spieldrittel auf und setzten sich mit 29:25 durch
Das Spitzenspiel der 2. Handball-Bundesliga zwischen TuSEM Essen und dem HSC 2000 Coburgentwickelte sich am Freitagabend zu einem „Drei-Gänge-Menü“. Die Vorspeise war von den Coburgern mit einer klaren Führung hübsch angerichtet. Zum Hauptgang wendete sich das Blatt – Essen legte drei Treffer vor. Doch das lag ihnen dann wohl schwer im Magen, denn dem HSC gelang ein „Tore-Dessert“ zum 29:25-Auswärtserfolg.
Vor allem Tobias Varvne und Florian Billek waren von der Essener Abwehr kaum einzufangen, die letztlich dem Tempospiel der ersten 40 Minuten Tribut zollen musste.
Mit dem Erfolg können sich die Coburger, wie schon im Vorjahr, als Herbstmeister feiern lassen. Denn der Tabellenzweite ASV Hamm-Westfalen müsste das weitere Spitzenspiel gegen den Dritten, VfL Gummersbach, das erst am 30. Dezember ausgetragen wird, mit 14 Toren Unterschied gewinnen. TuSEM Essen – HSC 2000 Coburg 25:29 (11:12)
Die Coburger erwischten einen blitzsauberen Start in die Partie, auch da die Gastgeber ihr Visier noch nicht richtig eingestellt hatten und oft zu schnell abschlossen. Das nutzte der HSC für sich mit klug vorgetragenen Angriffen und schönen Abschlüssen. Pontus Zetterman und Marcel Timm waren die Akteure der ersten Minuten auf Seiten der Coburger. HSC-Torwart Jan Kulhanek war gleich ein starker Rückhalt für sein Team, parierte zwei Mal gegen völlig frei stehende Essener. Seine Vorderleute machten es dann aber den Gastgebern nach, agierten zu überhastet und zu ungenau, anstatt die Partie erst einmal zu beruhigen. Die Folge war, dass Essen nach dem Vier-Tore-Rückstand mehr und mehr aufkam.
Das lag auch daran, dass TuSEM in der Abwehr konsequenter zu Werke ging und kaum mehr Lücken bot. Die Gestik von HSC-Trainer Jan Gorr an der Seitenlinie sprach dafür, dass er mit den unterschiedlichen Regelauslegungen nicht ganz einverstanden war. Die Gäste verwerteten ihre Möglichkeiten nach gut 20 Minuten konsequenter. Immer wieder trieben sie die Coburger zudem ins Zeitspiel, da diese keine Lösungen fanden, die Abwehr auseinanderzuspielen.
Nach 22 Minuten (8:8) war der Vorsprung der Coburger schließlich dahin, zu leicht kam Essen mit einfachen Würfen durch das Deckungszentrum. Dem Geschwindigkeitshandball des Gegners hatte der HSC in dieser Phase nichts entgegenzusetzen. Essen war deutlich zielstrebiger, wuchtiger und überzeugte mit sehenswerten, für die HSC-Abwehr nicht selten überraschenden Pässen. Dabei war der Körpereinsatz einige Male nah am Stürmerfoul.
Die Coburger konnten sich jetzt bei Kulhanek und Konstantin Poltrum bedanken, dass sie trotzdem wieder die Führung übernahmen. Ein freier Ball und zwei Strafwürfe fanden nicht ihr Ziel. Bis zur Pause behauptete Coburg geschickt die knappe Führung. Das wurde in dieser Saison auch schon anders dargeboten.
Probleme mit den Kreisanspielen
In der zweiten Halbzeit hütete Poltrum das HSC-Gehäuse. Mit einer Parade gegen einen der Aktivposten bei TuSEM, Jonas Ellwanger, verhinderte er die Führung der Gastgeber. Wenig später hatte sich das Blatt doch wieder gewendet, nachdem erst Andreas Schröder den Ball nicht unter Kontrolle halten konnte, dann ein weiterer Fehlpass folgte. Essen „bedankte“ sich bereits zum vierten Mal für eine solche Aktion und ging erstmals mit drei Toren in Front.
Die HSC-Abwehr bekam in der Phase vor allem die Zuspiele an Tim Zechel an den Kreis überhaupt nicht in den Griff. Auf der anderen Seite waren die HSC-Kreisläufer mehr oder weniger abgemeldet. Mit einem sehenswerten Dreher nach einer Eins-gegen-Eins-Situation sorgte Christoph Neuhold für den Coburger Anschluss, und Tobias Varvne traf im nächsten Angriff nach einer starken Parade von Poltrum gegen Zechel zum Ausgleich. Für die endgültige Wende reichte es zunächst nicht, denn Maximilian Jaeger vergab frei vom Kreis vergab. Über drei Minuten fiel kein Treffer, bis erneut Neuhold sich ein Herz fasste und sein Team in Führung warf.
Das hatte dann richtig Dusel – erst krachte ein Geschoss an den Pfosten von Poltrum und dann vergab Zechel frei. Plötzlich führte der HSC selbst wieder mit drei Toren. Mehr und mehr zahlte sich die Hereinnahme von Neuhold aus, der eine Empfehlung für eine EM-Fahrkarte in seine Heimat für das österreichische Nationalteam abgab. In der Schlussphase unterbanden die HSCler die Kreisanspiele in der Deckung viel besser, schafften so die Grundlage für eine Fünf-Tore-Führung.
Essen suchte ab diesem Zeitpunkt den ganz schnellen Abschluss und hatte das Publikum hinter sich, und Coburg hatte wohl noch etwas das Lübeck-Spiel im Hinterkopf. Es kam in der Hektik zur Rudelbildung, nachdem Jakob Knauer dahin ging, wo es richtig wehtut. TuSEM bekam eine Zeitstrafe aufgebrummt und nur 25 Sekunden später sorgte Knauer mit dem Treffer zum 24:28 für die Vorentscheidung.
TuSEM Essen – HSC 2000 Coburg 25:29 (11:12)
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum; Maximilian Jaeger (1), Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß, Sebastian Weber, Florian Billek (8/3), Marcel Timm (3), Jakob Knauer (2), Pontus Zetterman (4), Tobias Varvne (7), Stepan Zeman, Andreas Schröder (2), Christoph Neuhold (2) Trainer: Jan Gorr
TuSEM Essen: Sebastian Bliss, Fredrik Genz; Noah Beyer (1/1), Jonas Ellwanger (3), Rolando Urios Gonzales (2), David Cyrill Akakpo (2), Dennis Szczesny (2), Carsten Ridder (1), Justin Müller (1), Lucas Firnhaber (2), Malte Seidel, Felix Klingler, Laurenz Kluth, Tom Skroblien (5/2), Tim Zechel (6) Trainer: Jaron Siewert.
SR: Thomas Kern /Thorsten Kuschel
Spielfilm: 1:3 (4.), 2:5 (7.), 2:6 (9.), 3:7 (11.), 5:7 (13.), 5:8 (16.), 7:8 (20.), 8:8 (22.), 9:8 (23.), 9:9 (24.), 9:10 (26.), 10:12 (29.), 11:12 – 12:13 (32.), 14:13 (34.), 16:14 (35.), 17:14 (37.), 18:17 (40.), 18:18 (41.), 18:19 (44.), 19:20 (46.), 19:22 (48.), 20:24 (50.), 20:25 (52.), 22:25 (53.), 22:26 (54.), 22:27 (56.), 24:27 (57.), 24:28 (58.), 25:29.
Zuschauer: 2578 (ausverkauft)
Siebenmeter: 2/4 (Beyer und Skoblien scheitern an Poltrum) – 3/3
Strafminuten: 8 (Ellwanger, Akapo, Ridder, Firnhaber) – 6 (Timm, Jaeger, Knauer)
Beste Spieler: Zechel, Ellwanger – Varvne, Billek.
Bericht: Ralph Bilek
Bild: Iris Bilek