Die Coburger benötigen nur 13 Minuten, um aus einem Rückstand eine Acht-Tore-Führung zu machen. Der 31:26-Heimerfolg gegen den Altmeister VfL Gummersbach basierte auf einer starken Deckung und Torhüter.
„Die Automatismen fehlen.“ So prägnant brachte Trainer Torge Greve den auch in der Höhe verdienten 31:26-Erfolg des HSC 2000 Coburg gegen sein Team, den VfL Gummersbach, am Samstagabend auf den Punkt. Vor einigen Tagen hatte Heiner Brand, Urgestein des VfL Gummersbach und langjähriger Handball-Bundestrainer, nach seiner Auszeichnung mit der Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur noch gesagt: „Eigentlich haben wir keine schlechte Mannschaft. Aber sie muss sich darauf vorbereiten, was sie vor allem in fremden Hallen erwartet. Es gibt nichts Größeres als den VfL zu schlagen.“
Dem HSC Coburg ist genau dies gelungen, da er sich vor 2052 Zuschauern in der HUK-COBURG arena zwischen der 22. und der 35. Minute in einen Rausch spielte. Aus einem 9:10 wurde ein 21:13 – Gummersbach kam danach nicht mehr in Schlagdistanz.
HSC 2000 Coburg – Gummersbach 31:26 (17:12)
Bei den Gästen stand nicht Filip Ilic im Tor. Der ehemalige Champions-League-Spieler und Neuzugang aus Kielce blieb zunächst auf der Bank. Auf dem Spielfeld stand stattdessen Matthias Puhle, der schnell von Maximilian Jaeger überwunden wurde. Beide VfL-Torleute waren an diesem Abend kein Rückhalt für ihr Team.
Ganz im Gegensatz zu Jan Kulhanek auf der anderen Seite, der einmal mehr seinen Kasten vernagelte und die zwischenzeitliche Acht-Tore-Führung möglich machte. Auf dem Feld standen auf Coburger Seite das Antreiber-Duo Pontus Zetterman und Tobias Varvne im Mittelpunkt. Als „Vollstrecker“ glänzte Florian Billek, der elf seiner zwölf Wurfversuche traf, nachdem er vergangene Woche mehrmals aussichtsreich gescheitert war. Einmal mehr war es aber eine hochmotivierte Teamleistung mit einer bärenstarken Abwehr.
Mit mächtig Dampf ging es Hin und Her: Es gab die ersten Diskussionen wegen Schritten, einer nicht geahndeten Fußabwehr, einem nicht geahndeten Foul an Andreas Schröder, der den Ellenbogen von Janko Bozovic ans Kinn bekam. Entscheidungen zu Ungunsten des HSC, die mit dazu beitrugen, dass die Gastgeber einem Rückstand hinterherlaufen mussten.
Zetterman trifft ins leere VfL-Tor
Während Gummersbach zu drei Kontertoren kam, mussten die Coburger mehr für ihre Treffer arbeiten. Beide Teams legten ein hohes Tempo vor, beim VfL waren zunächst Alexander Herrmann und Bozovic die Strippenzieher. Doch der HSC bekam dieses Duo immer besser in den Griff, kam ins Rollen und glich wieder aus (7:7). Ab und an fehlte bei Coburg gegen die gut organisierte VfL-Deckung die Übersicht. Aber die Wurfquote stimmte – nach 20 Minuten lag diese bei 90 Prozent. Das war ungemein wichtig, um das Spiel ausgeglichen zu halten. Denn die einfachen Tore fielen weiter auf der anderen Seite. Aus dem Spiel heraus tat sich auch der VfL schwer.
Richtig aus dem Häuschen waren die Coburger Fans nach 22 Minuten, als Kulhanek gegen den frei zum Wurf kommenden Alexander Becker am Kreis parierte, Zetterman den Abpraller aufnahm und eine Sekunde vor Ablauf einer Strafzeit ins leere Gummersbacher Gehäuse traf. Das hatte die erste HSC-Führung seit der Anfangsphase zur Folge (11:10). Greve nahm die Auszeit. Wenig später hallten die ersten „Wolle“-Sprechchöre durch die Halle, als der Coburger Torhüter abermals eine Großchance des VfL zunichtemachte. Nachdem dessen nächste Glanztaten folgte, rief Greve sein Team abermals zusammen.
Die Coburger, die mit viel Übersicht agierten, hatten sich drei Minuten vor der Halbzeitpause auf vier Tore (15:11) abgesetzt. Um jeden Ball wurde verbissen gekämpft. Als Schröder ein Fehlpass unterlief, waren Varvne und Marcel Timm beim Konter ganz schnell zu Stelle, stoppten diesen nicht nur, sondern eroberten sogar den Ball zurück. So ging der HSC sogar mit fünf Toren Vorsprung in die Kabine.
Nach dem Seitenwechsel knüpfte erst einmal Kulhanek dort an, wo er vor der Pause aufgehört hatte. Der VfL probierte es mit dem wendigen Yonatan Dayan auf der Mittelposition – zunächst ohne Wirkung, der HSC baute seinen Vorsprung auf acht Tore aus (21:13). Dayan spielte in der Abwehrmitte auch einen offensiven Part.
Gummersbach kommt heran
Ausgehend von der ersten HSC-Zeitstrafe gelang es Gummersbach, zu verkürzen. Coburg hatte einen kleinen Hänger und musste sich erst mit der offensiven Deckung des Gegners „anfreunden“. Die Gummersbacher eroberte durch die daraus resultierenden Ungenauigkeiten im Coburger Passspiel einen Ball nach dem anderen.
Die HSC-Fans waren nach 40 Minuten, als Gummersbach drauf und dran war, den Abstand weiter zu verkürzen, zwischen Hoffen und Bangen, nachdem sie wenige Minuten zuvor noch richtig euphorisch waren. Zwölf Minuten vor dem Abpfiff hatte der VfL den Abstand halbiert, versuchte meist mit schnellen Abschlüssen zum Erfolg zu kommen (26:22). Nun packten aber die Coburger wieder einige durchdachte Spielzüge aus, umgingen die offensive Abwehr meist über Billek auf der Rechtsaußenposition und verschafften sich so wieder Luft (29:23, 52.).
Ein letztes Mal zückte Greve in der Auszeit die Taktiktafel für die „Crunchtime“. Diese begann Coburg mit zu riskanten Anspielen an den Kreis – aber hinten gab es ja noch Kulhanek im Tor. Der 38-Jährige war zur Stelle, ehe es noch einmal richtig brenzlig werden konnte. Coburg schaukelte den Sieg schließlich recht locker nach Hause.
HSC 2000 Coburg – VfL Gummersbach 31:26 (17:12)
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (25 Gegentore, 15 Paraden), Konstantin Poltrum (1, 1) – Maximilian Jaeger (5), Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß (1), Sebastian Weber (1), Florian Billek (11/4), Marcel Timm, Pontus Zetterman (4), Girts Lilienfelds (1), Tobias Varvne (6), Stepan Zeman, Andreas Schröder, Christoph Neuhold (2) Trainer: Jan Gorr
VfL Gummersbach: Filip Ivic (17 Gegentore, 2 Paraden), Matthias Puhle (14, 1) – Tobias Schröter (2/1), Yonatan Dayan (3), Florian Baumgärtner (5), Lukas Blohme (1), Tin Kontrec (1), Marvin Sommer (6/1), Alexander Herrmann (4), Fynn Herzig, Malte Meinhardt, Luis Villgrattner (1), Jonas Stüber, Alexander Becker (1), Janko Bozovic (2) Trainer: Torge Greve
SR: Martin Thöne / Marijo Zupanovic
Spielfilm: 2:2 (2.), 2:4 (5.), 3:5 (7.), 4:7 (10.), 7:7 (12.), 7:8 (14.), 8:9 (19.), 9:9 (20.), 11:10 (22.), 13:10 (25.), 15:11 (27.), 16:11 (29.), 17:12 – 19:12 (33.), 19:13 (34.), 21:13 (35.), 22:16 (39.), 23:18 (42.), 25:19 (45.), 26:22 (48.), 27:23 (50.), 29:23 (52.), 30:24 (55.), 31:26
Zuschauer: 2052
Siebenmeter: 4/4 – 2/3 (Schröter scheitert an Poltrum)
Strafminuten: 4 (Timm, Zeman) – 6 (Hermann, Kontrec, Blohme)
Beste Spieler: Billek, Kulhanek – Sommer, Baumgärtner
Stimmen zum Spiel
Jan Gorr (HSC-Trainer): „Wir haben es im Laufe der Partie geschafft, clever zu verteidigen, hatten einen Top-Start nach der Pause. Im Positionsangriff haben wir gute Lösungen gefunden. Knifflig wurde es noch einmal, als der VfL auf vier Tore herankam.“ Torge Greve (VfL-Trainer): „Coburg war konsequent im Abschluss, wir haben das nur am Anfang geschafft. Dann waren wir zu undiszipliniert und Kulhanek ist zum Faktor für Coburg geworden, während meine Torhüter nur drei Bälle pariert haben.“
Bericht von
Foto von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)