In der Partie gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber platzt beim 25-jährigen Schweden nach seiner langen Verletzungspause der Knoten. Doch der 27:19-Erfolg des HSC 2000 über TuS N-Lübbecke war eine Kollektivleistung.
Sichtlich gelöst plaudert Pontus Zetterman am Samstagabend 20 Minuten nach Spielende mit alten Bekannten in den Katakomben der HUK-Arena. Der schwedische Rückraumspieler spielte von 2016 bis 2018 für den TuS N-Lübbecke und hinterließ mit 304 Toren in 82 Erst- und Zweitligaspielen bleibenden Eindruck. „Es sind noch ein paar Leute da, die ich kenne. Es war sehr schön, sie zu sehen, aber auch schön, gegen sie zu gewinnen“, sagte der 25-Jährige grinsend.
Nach der ernüchternden Partie in Aue nahm der Schwede beim überzeugenden 27:19-Heimsieg des HSC 2000 Coburg über TuS N-Lübbecke eine der Hauptrollen ein. Gegen den massiven Innenblock der Ostwestfalen fand Zetterman, der im Sommer aufgrund einer Schulterverletzung behutsam aufgebaut werden musste, meist die richtigen Lösungen – sei es mit seinem eigenen Abschluss (fünf Tore) oder mit klugen Anspielen an den Kreis. „Ich merke im Training Tag für Tag, dass es besser wird. Ich habe fast keine Probleme mehr mit der Schulter, brauche vielleicht noch etwas mehr Kraft. Dass es heute auch im Spiel gut funktioniert hat, ist gut für mein Selbstvertrauen. Ich bin sehr zufrieden“, sagte er.
Zufrieden war auch sein Trainer, Jan Gorr: „Über 60 Minuten hat Pontus im rechten Rückraum sehr gut gespielt. Für unser Spiel war es heute sehr wichtig, dass von ihm einige Impulse ausgehen.“ Der starke Auftritt des 25-Jährigen war ein Faktor für den Erfolg gegen den ambitionierten TuS, aber noch lange nicht die ganze Geschichte des Abends. Denn während sich das Angriffsspiel der Ostwestfalen über weite Phasen des Spiels über einen Akteur definierte (Valentin Spohn erzielte fast die Hälfte aller TuS-Treffer ), glänzten die Gastgeber als funktionierendes Kollektiv. „Wir haben gezeigt, dass wir eine große Breite in unserem Kader haben. Wenn jemand da war, der heute nicht an seine Topform herankam, kam ein anderer und ist dafür eingesprungen. So wünscht man sich das“, so Gorr.
HSC 2000 Coburg – TuS N-Lübbecke 27:19 (11:9)
Drei Wünsche hatte Gorr bereits vor dem Spiel: Viele Emotionen, große Unterstützung des Publikums und das Forcieren des Tempospiels. Alle drei Wünsche wurden dem 41-Jährigen erfüllt. Die rund 1700 Coburger Fans fanden zwar nicht so zahlreich den Weg in die HUK-Arena, wie vielleicht von den Verantwortlichen erhofft, aber diejenigen, die da waren, nahmen ihrem Team den Einbruch aus dem Aue-Spiel nicht übel und peitschten es von Anfang an nach vorne.
Die erste Viertelstunde war auf beiden Seiten von Nervosität geprägt. Dass die Coburger Devise „Tempo machen“ nur konsequent ist, zeigte sich bereits nach wenigen Angriffen, denn dem kantigen Innenblock von Nettelstedt-Lübbecke um den 2,02 Meter großen Marko Bagaric und Moritz Schade war im Positionsangriff nur schwer beizukommen. Einzig Florian Billek kam in gute Wurfpositionen, hatte sein Visier aber an diesem Abend nicht richtig eingestellt (0/4 aus dem Feld, 4/4 Siebenmeter) und wurde Ende der ersten Halbzeit durch Lukas Wucherpfennig ersetzt.
Dass der HSC trotzdem von Beginn an von einem kleinen Vorsprung zehren konnte, lag an der konzentrierten Deckungsarbeit. Die erste Unaufmerksamkeit leistete sich der HSC erst in der 14. Minute, als Peter Strosack nach einem Diagonalpass unbehelligt von Rechtsaußen einwerfen konnte (4:3). Zum ersten Mal ins Rollen kamen die Coburger nach 18 Minuten: Jan Kulhanek hielt einen verdeckten Unterhandwurf von Lübbeckes Spohn, machte das Spiel schnell und Max Jaeger schloss den Tempogegenstoß zum 6:3 ab – Auszeit TuS.
„One-Man-Show“ Valentin Spohn
Der 22-jährige Spohn löste nach einer Viertelstunde den an diesem Abend glücklosen Marian Orlowski auf der linken Rückraumposition ab und hielt Lübbecke in der Folge quasi im Alleingang am Leben. Ein Beleg: Zwischen der 24. und 41. Minute gab es auf Gästeseite nur einen Torschützen: Valentin Spohn traf in dieser Zeit fünfmal (insgesamt neunmal). Nach erstmaligem Vier-Tore-Vorsprung für den HSC (11:7, 28.) nach einem Treffer von Marcel Timm am Kreis war es auf der Gegenseite wieder das wurfgewaltige deutsche Talent, das den Rückstand für seinen TuS zur Halbzeitpause auf zwei Tore verkürzte (11:9).
Als Spohn kurz nach Wiederbeginn sein Team mit einem Siebenmeter auf 10:11 heranbrachte und seinen Emotionen freien Laufen ließ, schien die Partie zu kippen. Doch Andreas Schröder, der trotz seiner vor einer Woche zugezogenen starken Hüftprellung auf der Platte stand, und Zetterman gaben die richtigen Antworten (13:10, 33.). Kulhanek machte in Verbindung mit der Deckung den „Laden dicht“ und vorne spielten die Coburger flott, ausgewogen und nutzen ihre Chancen effizient. Ein 6:1-Lauf bis zur 42. Minute (17:11) sorgte für die Vorentscheidung.
Bemerkenswert war in dieser Phase, dass beim HSC mit Christoph Neuhold, Timm, Felix Sproß und Lukas Wucherpfennig fast ausschließlich Akteure aus der „zweiten Reihe“ auf dem Feld standen. Insbesondere Neuhold drückte der Partie in der zweiten Halbzeit seinen Stempel auf, fand ähnlich wie Zetterman auf der anderen Rückraumseite die richtige Mischung aus eigenem Abschluss und uneigennützigen Aktionen, wovon nicht zuletzt auch Kreisläufer Timm profitierte.
Stimmen zum Spiel
Jan Gorr (HSC-Trainer): „Wir haben nach einer nervösen Anfangsphase im Vergleich zum letzten Heimspiel gegen Emsdetten viel schneller unsere Ruhe gefunden und auch unser Spiel durchgesetzt. Das war in der ersten Halbzeit im Positionsangriff nicht immer das, was wir uns vorgestellt haben. Aber wir haben uns durch eine auf lange Zeit auf einem extrem hohen Niveau agierende Deckung und einen ganz starken Torwart immer wieder den Rücken frei gehalten. Dann kann man sich auch mal ein, zwei Fehler vorne leisten. „
Emir Kurtagic (TuS-Trainer): „Die Coburger waren hochmotiviert, auch etwas nervös, genauso wie wir zu Beginn des Spiels. Aber sie haben die Ruhe bewahrt, was meiner Mannschaft nicht gelungen ist. Vielleicht waren wir zu nervös oder haben gedacht, dass es einfacher wird. Wir haben uns technische Fehler erlaubt und Coburg hat das dann überragend ausgekontert. Dazu hat Jan Kulhanek eine überragende Leistung gezeigt und uns das Leben noch einmal schwerer gemacht. Ich mache meiner Mannschaft aber keinen Vorwurf. Wir wollten, haben heute aber nicht den Weg zum möglichen Erfolg gefunden.“
HSC 2000 Coburg – TuS N-Lübbecke 27:19 (11:9)
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (14 Paraden, 18 Gegentore) , Konstantin Poltrum (1 Gegentor), Fabian Apfel – Max Preller, Maximilian Jaeger (3), Lukas Wucherpfennig (2), Felix Sproß, Sebastian Weber (1), Florian Billek (4/4), Marcel Timm (3), Pontus Zetterman (5), Girts Lilienfelds, Tobias Varvne (3), Stepan Zeman (1), Andreas Schröder (2), Christoph Neuhold (3) Trainer: Jan Gorr
TUS N-Lübbecke: Peter Tatai (5 Paraden, 25 Gegentore), Mats Grezesinksi (2 Gegentore) – Roman Becvar (3), Jo Gerrit Genz (3), Jens Bechtloff, Lukasz Gierak, Marko Bagaric, Peter Strosack (3), Marvin Mundus, Valentin Spohn (9/2), Moritz Schade (1), Marian Orlowski, Jan-Eric Speckmann, Dominik Ebner, Patryk Walczak Trainer: Emir Kurtagic
Schiedsrichter: Pawel Fratzczak / Paulo Ribeiro Spielfilm: 1:0 (4.), 2:2 (9.), 4:2 (14.), 6:3 (18.), 8:6 (23.), 11:1 7 (28.), 11:9 – 11:10 (31.), 13:10 (24.), 16:11 (38.), 18:13 (43.), 20:13 (45.), 21:16 (48.), 24:17 (51.), 26:18 (58.), 27:19
Zuschauer: 1712 Siebenmeter: 4/4 – 2/3 (Orlowski scheitert an Kulhanek)
Strafminuten: 10 (Jaeger, Weber, Timm, Varvne, Zeman) / 12 (2 x Walczak, Becvar, Bechtloff, Strosack, Orlowski) Beste Spieler: Zetterman, Neuhold, Kulhanek – Spohn