Die Ausgangsposition lässt hoffen
Der HSC 2000 Coburg geht als Spitzenreiter in den Rest der Saison.
Herbstmeister war der HSC 2000 Coburg bereits in der vergangenen Saison, verlor damals den Rückrundenauftakt nach Weihnachten beim HC Elbflorenz. Das war bereits ein kleiner Fingerzeig für den weiteren Saisonverlauf, wo die Mannschaft von Jan Gorr den Aufstieg mit Platz drei knapp verpasste. Auch diesmal sind die Coburger Herbstmeister, lösten den Rückrundenauftakt in Emsdetten besser und gehen dadurch mit einem Vier-Punktepolster auf einen Nichtaufstiegsplatz in die restlichen Partien. Seit zwei Wochen bereitet sich das Team darauf vor, es 2020 besser zu machen. Da wird gleich der Auftakt mit zwei Auswärtsspielen im Februar bei Nettelstedt-Lübbecke und Gummersbach „knackig“, zuvor die Revanche zum Wiederauftakt gegen den EHV Aue.
Wir schauen mit HSC-Coach Jan Gorr zurück auf das abgelaufene Jahr, aber auch nach vorne:
Das Jahr 2019 ist vorbei. Dein persönliches Highlight im abgelaufenen Jahr?
Da habe ich lange hin und her überlegt. Es gab bei uns das ein oder andere, was man nennen kann. Was ich schon ein bisschen übergeordnet fand, war die WM im eigenen Land und mit Dänemark zusammen. Ich war vorher mit meinen EHF-Mastercoach-Kollegen auf Fortbildung und wir haben uns auch Spiele angeschaut. Dann war ich mit einer Delegation aus Coburg nochmal bei den Zwischenrundenspielen in Köln. Es war beeindruckend, was da wieder an Emotionen und an Unterstützung von den Rängen kam, und wie unsere Mannschaft letztlich gespielt hat fand ich richtig gut. Das war für mich handballerisch mit das Highlight in dem Jahr.
Was hat dich dann 2019 so am meisten überrascht?
Nur „überrascht“ ist vielleicht nicht der richtige Begriff. Als „überrascht und erfreut“ könnte man es vielleicht besser zusammenfassen. Wir haben vor eineinhalb Jahren hier in Coburg angefangen, eine neue Ausrichtung, bzw. einen neuen konzeptionellen Ansatz, zu verfolgen. Den „Coburger Weg“. Wie gut das harmoniert, wie gut unsere jungen Leute mit den erfahrenen Jungs im Kader zusammenarbeiten, das hat mich wirklich positiv überrascht. Diese Neuausrichtung hat unser Vereinskonstrukt im Ganzen noch einmal belebt und uns mit unseren Fans einfach noch einmal mehr zusammengeschweißt.
Hast du eine Begründung dafür, warum das so unkompliziert gelaufen ist?
Das ist natürlich schwierig zu sagen. Im Vorfeld habe ich mir natürlich überlegt, was wird wahrscheinlich passieren? Was sind die Folgen? Meine Grundidee war, die Voraussetzungen, die wir hier haben, einfach noch effizienter zu nutzen. Ich finde man sieht einfach, wie junge Spieler von den Älteren profitieren, aber eben auch umgekehrt. So puscht man sich gegenseitig und unter dem Strich kommt einfach nochmal mehr bei rum. Ich glaube, dass diese Mischung auch für den Umgang innerhalb einer Mannschaft, Verantwortung für andere zu übernehmen usw., positiv ist.
Worauf hättest du 2019 verzichten können?
Da gibt es natürlich einige Dinge, über die man im Nachgang sagt, da könnte man drauf verzichten. Aber manche Dinge passieren eben und das muss man ja auch so respektieren. Was ich persönlich schade fand, einmal für unsere Mannschaft aber vor allen Dingen für die betroffenen Jungs, die längeren Verletzungen von Sebastian Weber, Christoph Neuhold und Jakob Knauer. Das war für die drei eine unglaublich schwere Zeit, teilweise ja mit Operationen und vor allem mit hartem Reha-Training verbunden. Ich fand es bemerkenswert, wie sie sich da durchgekämpft haben und wie sie jetzt wieder auf der Platte stehen. Dennoch hätte ich gerne darauf verzichtet.
Hast du ein Handballspiel im vergangenen Jahr in besonderer Erinnerung?
Da gibt es viele Spiele, an die ich mich gern zurückerinnere. Natürlich unsere Derbys gegen Rimpar, wo wir endlich mal den Spieß umgedreht haben und die wir für uns entschieden haben. Was ich in der Saison jetzt beeindruckend fand, war unser Heimspielerfolg gegen Gummersbach. Wir haben zwar das erste Heimspiel gegen Emsdetten am ersten Spieltag schon gewonnen. Doch das Heimspiel gegen Gummersbach, gegen eine Mannschaft mit soviel individueller Klasse, das war für uns der Auftakt für unsere Heimserie und die Art, wie wir zu Hause Handball spielen. Da haben wir uns als Team echt extrem dominant gezeigt und haben mit unseren Zuschauern im Rücken für eine unglaubliche Atmosphäre in der Halle gesorgt. Das war ein Highlight-Spiel hier zu Hause.
War das auch der Grund jetzt, warum die Zuschauerzahlen jetzt wieder angestiegen sind?
Das hatten wir uns zum Ziel gesetzt. Wir wollen mit der Art und Weise wie wir auftreten, wie wir spielen, natürlich attraktiven Sport bieten. In schlechten Phasen bekommt man von außen auch mal geholfen, in guten Phasen berauscht man vielleicht dann auch die Fans durch das Auftreten auf dem Parkett. Das ist zumindest in der Hinrunde unserer Mannschaft echt gut gelungen. Wenn man sieht, wie da viele Leute mitfiebern und gerade auch die Auswärtsspiele verfolgen, wie dann Nachrichten von einem Erfolg zu Hause ankommen, da sieht man einfach, was für eine Begeisterung herrscht und das spornt natürlich an.
Was war für dich allgemein die größte sportliche Leistung 2019?
Da will ich übers Handballfeld hinausgehen. Ich fand den Weltmeistertitel im Zehnkampf unheimlich stark. Das habe ich damals teilweise am Fernsehen verfolgt, wie Niklas Kaul dort diesen Erfolg errungen hat, obwohl es anfangs ja gar nicht danach ausgesehen hat. Wenn man es jetzt mal auf die Region Coburg ummünzt, hatten wir ja auch international mit Krawietz im Tennis bei den French Open im Doppel einen tollen Erfolg. Ich glaube für Coburg und die Region war das ein „Riesending“.
Deine Vorsätze für 2020?
Persönlich möchte ich einfach wieder selbst mehr Sport machen, einfach um weiter fit zu bleiben. Ich merke, wie ich da das ein oder andere Mal doch ins Schludern komme und andere Dinge zumindest scheinbar wichtiger sind. Da muss ich sehen, dass ich das wieder ein bisschen in die andere Richtung drehe. Punkt zwei ist, dass ich mir am Spielfeldrand und bei meiner täglichen Arbeit meine Geduld bewahren möchte.
Ist aber an der Seitenlinie manchmal schwer genug?
Ich möchte da jetzt gar nicht so sehr ins Detail gehen. Es gibt gerade auch bei meiner Aufgabe als Trainer immer wieder Situationen, die sich wiederholen und wo es dennoch gut und wichtig ist, ruhig und geduldig zu bleiben.
Wie groß ist der Traum vom Aufstieg Mitte Mai nach diesem finalen Spiel gegen Essen?
Dieser Traum ist riesig. Wenn ich zurückdenke, wie das beim letzten Mal war, zusammen mit der Mannschaft das zu erreichen, nach Hause zu fahren mit diesem Erfolg im Rücken, das war unbeschreiblich. Genauso unbeschreiblich war am nächsten Tag am Marktplatz mit unseren Fans zusammen zu feiern. Das vergisst man nicht und das möchte man natürlich sehr gerne wiederholen.
Das heißt also, Mitte Mai irgendwann wieder auf dem Rathaus-Balkon?
Das wäre ein Traum von uns, aber bis dahin ist noch eine ganze Rückrunde zu spielen. Wer die Hinrunde verfolgt hat, der hat gesehen, wie eng jedes Wochenende die Spiele sind. Das Pendel kann in diese oder jene Richtung ausschlagen. Wir haben es vergangene Saison erlebt. Deswegen ist es schön, mal kurz drüber nachzudenken, was wäre wenn, aber dann holt einen der Alltag schnell wieder ein und man weiß, wieviel Arbeit noch davorliegt.
Ihr wart zwei Mal in Folge Herbstmeister. Ist das im Hinblick auf die weitere Runde bis zum Mai mehr Last oder mehr Ansporn?
Ich bin nicht der Meinung, dass wir das vergangene Saison schlecht gemacht haben. Wir haben es geschafft, in kürzester Zeit personelle Veränderungen als neues Team zusammenzuschweißen und auf ein gutes Level zu bringen. Letztlich kommt es drauf an, wie wirst du über die Saison mit Rückschlägen fertig, wie kannst du vielleicht personelle Notsituationen überstehen. Vor allem, was machst du mit deiner Konstanz in der Spielleistung. Dieser Punkt hat uns im letzten Jahr doch einige Zähler in der Rückrunde liegen lassen, weil wir eben nicht das Leistungsniveau bestätigen konnten. Das ist für unsere Mannschaft der nächste Entwicklungsschritt. Ich hoffe, dass uns das in diesem Jahr besser gelingt, dass wir auch in der Rückrunde konstant unsere Leistungen zeigen können. Daran arbeiten wir.
Interview: Ralph Bilek
Bild: Henning Rosenbusch