Wilhelmshavener HV – HSC 2000 Coburg 25:25 (13:13)

HSC I: Nie geführt und trotzdem nicht verlorenDie Defizite im Rückraum des HSC 2000 Coburg sind derzeit unübersehbar. Das war beim Wilhelmshavener HV phasenweise überdeutlich zu sehen und mündete in ein glückliches 25:25-Unentschieden. „Auf den ersten Blick ist es schwer zu sagen ob es ein Punktverlust oder Punktgewinn ist. Nach dem Spielverlauf ist es gut, dass es noch ein Punkt geworden ist, aber unterm Strich ist es ein Punkt zu wenig. Wir haben uns 60 Minuten von der Hektik anstecken lassen“, zeigte sich Coburgs Trainer Jan Gorr enttäuscht. Zu keinem Zeitpunkt der Partie hatte Coburg in Führung gelegen und mit ein bisschen Glück hätten sie trotzdem noch den Siegtreffer erzielt – mit der Schlusssirene traf Florian Billek nur den Pfosten. Doch kurz zuvor hatte der Rechtsaußen zwei Riesenmöglichkeiten, seine beiden einzigen vergebenen in dieser Partie, liegen gelassen und sparte deswegen auch nicht mit Selbstkritik: „Wir kommen ran und ich mache zwei Dinger nicht. Das ist auf dem Niveau Scheiße. In den letzten Minuten haben wir diese Chancen. Das muss ich mir ankreiden und deswegen kann ich nicht zufrieden sein.“ Zwei Punkte wären auch zu viel des Guten gewesen, aber Gorr meinte: „In ein paar Wochen fragt keiner mehr, wie das zustande gekommen wäre. Fakt ist, es ist gut dass wir nach dem Spielverlauf einen Punkt haben, aber ich erwarte mehr von meiner Mannschaft. Unsere Baustellen, die wir heute gesehen haben, müssen wir abstellen. Auch im Gegenstoßverhalten können wir noch mehr Potenzial rausholen können.“

Gorr brachte den zusätzlichen Feldspieler, doch die Fehler mit dem vielleicht zu harzigen Ball setzten sich fort, im nächsten Angriff brachte Stefan Lex ihn nicht richtig weg und prompt stand es 2:0. Das wollte Gorr unbedingt vermeiden. Denn dem Rückstand lief sein Team nahezu dauerhaft hinterher, bewahrte iin der Phase aber fast mehr Ruhe der Trainer auf der Bank der zu Recht ein klares Stürmerfoul vor dem 3:1 bemängelte. Doch der HSC machte es sich auch selbst schwer – Felix Sproß vergab nach einem Steal den folgenden Konter frei vor Dennis Doden im Tor des WHV.

Auch in der Deckung passte es bei den Coburgern noch nicht so richtig. Immer wieder kam der WHV mit kluger und übersichtiger Spielanlage frei im Rückraum zum Wurf oder dann stand der Kreisläufer frei. Gorr reagierte, Riehn und Linhardt kamen und Coburg auf einen Treffer heran. Immer wieder bestand viel Redebedarf beim HSC. Die hatten beim Stand von 8:5 Glück das ein Wurf von Schwolow ans Lattenkreuz krachte und anstatt eines Vier-Tore-Rückstandes der Konter zum 8:6 führte. Doch das Spiel der Vestestädter wirkte nun etwas geordneter. Denn die auf die linke Rückraumseite des HSC versetzte 5:1-Deckung der Gastgeber sorgte schon für Probleme im Spielaufbau bei den Coburgern. Dann war es TW Oliver Krechel, der mit dem 9:9 den erstmaligen Ausgleich erzielte, als das Tor der Gastgeber für einen zusätzlichen Feldspieler verwaist war. Ab diesem Zeitpunkt ließ Coburg nicht mehr locker, ging jedoch nie selbst in Führung. Aber die Treffer wurden nun mehr herausgespielt, wobei durchaus noch eine Führung zur Pause möglich gewesen wäre. Denn bei zwei Treffern in der Schlussphase der ersten Halbzeit hatte der WHV Glück. Erst sprang ein von Krechel parierter Strafwurf dem Werfer direkt wieder in die Arme, der sich die Chance nicht nehmen ließ und vor dem 13:12 war Daniel Andrejew klar durch den Kreis hinter den Coburger Deckungsspielern gelaufen, hätte sonst nie so angespielt werden können.

Nach dem Wechsel hätte der WHV nach 40 Sekunden mit zwei Toren führen müssen, nutzte aber eine Großchance nicht. So blieb es beim seit der 24. Minute andauernden Spielverlauf – der WHV legte ein Tor vor, der HSC macht den Ausgleich. Diese Serie hielt und hielt und hielt … Doch Coburg hatte weniger die Option selbst in Führung zu gehen. Vielmehr hatten die Gastgeber mehrere Möglichkeiten wieder auf zwei Tore vorzulegen, was dann beim 17:15 (40.) passierte. Zuvor hatte Coburg zwei technische Fehler gemacht und auch in der Folge lief es alles andere als rund beim HSC. Reihenweise fanden oft überhastete Würfe nicht ihr Ziel. Die hart arbeitende WHV-Abwehr stellte hinten Passwege geschickt zu und im Angriff kam nahezu jeder noch so riskante Pass an. Coburg mühte sich mehr schlecht als recht und kam nie so richtig in die Partie. Das fand auch Till Riehn: „Man hat gesehen, dass wir im Angriff limitiert sind, da passt noch lange nicht alles. Der Punkt geht für beide Mannschaften in Ordnung, aber wir sind selbst dafür verantwortlich, weil wir uns zu lange schwer tun.“

Trotzdem wäre fast noch der Punkte-Doppelpack möglich gewesen, auch wenn ein WHV-Fan beim 21:17 sagte: „Das war es für den HSC.“ Doch dem war nicht so – denn seine Mannschaft musste dem kräfteraubenden Spiel nach und nach Tribut zollen, deren Aktionen waren nicht mehr so genau. Davon profitierte Coburg, die aus dem Rückstand Stück für Stück abknabberten. Plötzlich waren sie da, die Chancen, die ein insgesamt enges Spiel kippen lassen. Endlich klappte ein Konter, denn meist war das Rückzugsverhalten von Wilhelmshaven vorzüglich, Florian Billek abgeschirmt. Gorr dazu: „Es gibt noch eine andere Seite.“ Billek vergab aus der Mittelposition vom Kreis nachdem er seinen Gegenspieler umkurvt hatte. Nur zwei Minuten später wird er auf außen frei gespielt und wieder bleibt Doden im WHV-Tor Sieger. Aber in der Deckung ließen die Coburger in den letzten sieben Minuten nur einen Treffer zu, die Grundlage für den Punktgewinn, auch wenn die Gastgeber über die gesamte Spielzeit gesehen auch da Vorteile hatten. „Wilhelmshaven hat eine unheimlich aggressive Deckung gespielt, mit der wir nicht zurechtgekommen sind. Es zeichnet uns aber schon seit Jahren aus, dass wir uns selten geschlagen geben. Heute hat es nur zu einem Punkt gereicht, da müssen wir jetzt gegen Balingen zwei Punkte holen“, schaute Dominic Kelm schon nach vorne.

Stimmen

HSC-Trainer Jan Gorr: „Wilhelmshaven hat es gut gelöst, extrem lange gespielt. Wir waren bis zum Ende nicht geduldig genug und haben noch unnötige Tore zugelassen in der Abwehr. Noch deutlicher hat man das im Angriff gesehen. Viele Aktionen waren zu hektisch, da erwarte ich mir mehr Abgeklärtheit, da müssen wir schlauere Lösungen finden.“

HSC-Rechtsaußen Florian Billek: „Ich bekomme das bei den Kontern nicht so mit und denke es waren ein zwei Situationen, wo wir es hätten riskieren können den langen Ball auf mich zu spielen, obwohl meine Gegenspieler mit zurücklaufen. Mit dem einen Punkt bin ich gar nicht zufrieden. Es ist mir egal, dass wir die komplette zweite Halbzeit zurückliegen.

HSC-Kreisläufer Dominic Kelm: „Da wir nie selbst in Führung gelegen haben ist das Ergebnis leistungsgerecht. Ein Sieg wäre nach dem Spielverlauf nicht verdient gewesen, auch wenn wir den gerne mitgenommen hätten. Aber dafür fehlt uns im Angriff im Moment die Durchschlagskraft.
HSC-Spielführer Till Riehn: „Wenn man den Spielverlauf sieht ist das Unentschieden gerecht. Phasenweise war Positives zu sehen, wie wir miteinander spielen. Das müssen wir steigern und unsere Alternativen werden irgendwann auch wieder größer.“

Statistik

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Oliver Krechel (1); Philipp Barsties, Markus Hagelin (3), Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß (1), Dominic Kelm, Petr Linhart (2), Sebastian Weber, Stefan Lex (1), Benedikt Kellner, Florian Billek (8/2), Till Riehn (2), Tobias Varvne (7), Romas Kirveliavicius. Trainer: Jan Gorr.

Wilhelmshavener HV: Dennis Doden, Frederick Lüpke; Rutger Ten Velden, Sebastian Maas (3), Fabrice Lehmann, Lukas Kalafut (4), Kay Smits (7/4), Duncan Postel (3), Evgeny Vorontsov (3), Janik Köhler, Jonas Schweigart, Matej Kozul, Tobias Schwolow (3), Daniel Andrejew (2). Trainer: Christian Köhrmann.

SR: Frederic Linker / Sascha Schmidt

Spielort: Nordfrost-Arena Wilhelmshaven

Spielfilm: 2:0 (4.), 4:2 (9.), 5:2 (12.), 6:3 (14.), 6:5 (16.), 8:5 (19.), 8:7 (21.), 9:9 (24.), 10:10 (25.), 11:11 (27.), 13:13 – 14:14 (32.), 15:15 (35.), 18:15 (41.), 19:17 (44.), 21:17 (45.), 21:18 (47.), 23:20 (49.), 23:21 (51.), 24:22 (53.), 25:23 (54.), 25:24 (55.), 25:25.

Zuschauer: 1.137 in der Nordfrost-Arena Wilhelmshaven

Strafminuten: 10 (Köhler, Vorontsov 4, Kalafut, Maas) – 4 (Kirveliavicius, Kelm)

Siebenmeter: 3/4 (Smits scheitert an Krechel)– 2/2

Beste Spieler: Schwolow, Smits – Varvne, Riehn.

Bericht von Ralph Bilek
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)

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