Trotz eines 7:0-Laufes in der ersten Halbzeit stand die Partie gegen das Tabellenschlusslicht EHV Aue noch einmal auf der Kippe. 5:1-Deckung bringt Coburg völlig aus dem Tritt.
Einmal mehr hat sich der HSC 2000 Coburg durch Auslassen klarster Chancen fast den Weg für den am Ende schmeichelhaften, aber so eminent wichtigen 24:22-Erfolg gegen den EHV Aue verbaut. „Wir haben den Sack nicht komplett frühzeitig zugemacht, aber solange die Punkte hierbleiben ist es ok“, analysierte der überragende achtfache Torschütze Stefan Lex nach der Partie. Denn mit einem 7:0-Lauf in Durchgang Eins schien für Coburg alles in den richtigen Bahnen zu verlaufen, doch spätestens nach der Pause zeigte Aue, dass sie wohl etwas zu Unrecht am Tabellenende stehen. Sie spielten die weiterhin ersatzgeschwächten Coburger, denen echte Wechselmöglichkeiten fehlten, phasenweise schwindelig. Denn Till Riehn und Lex gingen krankheitsgeschwächt in die Partie. Wie schon gegen Hildesheim blieb die Wurfausbeute des HSC nach der Pause auch gegen die Erzgebirgler einstellig. Die gingen nach 49 Minuten erstmals in Führung und schienen auf dem Weg die Partie zu kippen. Die Phase zwischen der 28. und 49. Minute ging für den HSC 2000 mit 5:14 (!) verloren. Auch mit dem notwendigen Glück bäumte sich die Mannschaft von Jan Gorr nochmals auf, stemmte sich mit Erfolg gegen die Niederlage. Nach dem 21:22 (54.) gelang Aue kein weiterer Treffer mehr. „Hinten heraus haben wir es noch einmal geschafft einen Gang hochzuschalten“, schnaufte nicht nur Spielführer Till Riehn nach der Partie kräftig durch.
Ein bisschen Verunsicherung war beim HSC zu Beginn augenscheinlich. Aue spielte die schnelle Mitte, war bei nicht erfolgreich abgeschlossenen Angriffen des HSC ganz schnell vor dessen Gehäuse, wo die Abwehr vor Oliver Krechel, der einen Tag vor dem Spiel Geburtstag feierte, zunächst sehr gut stand. So kam die wichtige Führung für die Coburger zustande. Die hätte durchaus noch höher ausfallen können, doch drei Mal entschieden sich die HSC-Angreifer für das „falsche“ Eck und EHV-TW Robert Wetzel war zur Stelle. Die Gäste nutzen diese Fehlwürfe um wieder auszugleichen. Warum es dann nach einem siebenmeterreifen Foul an Kirveliavicius zwar eine Zeitstrafe, aber keinen Strafwurf gab, der Coburger Halblinke wäre frei durch gewesen, bleibt ein Geheimnis der SR.
EHV-Urgestein Eric Meinhardt, Dreh- und Angelpunkt im Angriffsspiel des EHV verlangte dann schon mal eine etwas ruhigere Spielweise von seinen Nebenleuten, denn die schnellen Abschlüsse nutzte Coburg für sich. Zum einen zeigte Krechel hinten weiter tolle Reflexe, so wie bei einem Wurf von Dumcius, als er gerade noch den Arm nach oben riss, den Ball leicht berührte, der so am langen Ecke vorbeistrich. Nacheinander schickte Gorr kurz seine junge Garde, erst Knauer, dann Kellner auf die Platte, damit die anderen zum Durchschnaufen kamen. Hinten rührte die Abwehr um den verbliebenen Abwehrstrategen Markus Hagelin Beton an. Es folgte ein 7:0-Lauf der Coburger, auch weil Kevin Roch eine harte Zeitstrafe kassierte und Meinhardt ein Wechselfehler unterlief. Kurzzeitig waren die Gäste so nur zu viert auf dem Feld, doch nach elf torlosen Minuten gelang ihnen per Strafwurf der nächste Treffer. Für die Galerie war der Spielzug zum 14:6 (27.), den Sebastian Weber abschloss. Dem vorausgegangen war ein sehenswertes Anspiel von Benedikt Kellner, nach dem der HSC-Kreisläufer mutterseelenallein am Kreis stand.
Wie schon gegen Ende der ersten Halbzeit störte Aue den Spielaufbau des HSC durch eine 5:1-Deckung. Marc Pechstein nahm Tobias Varvne aus dem Spiel, das nun den Gästen gehörte. Das spürten auch deren zahlreich mitgereiste Fans. Das EHV-Team profitierte auch von zwei frei vergebenen Bällen der Coburger. Es dauerte fast sechs Minuten ehe die per Strafwurf durch Till Riehn zu einem weiteren Treffer kamen. Aber weiter absetzen konnten sie sich nicht mehr, im Gegenteil. Weil in der Folge weitere klare Chancen liegen gelassen wurden, eine doppelte Überzahl nur ausgeglichen gestaltet wurde. Die Souveränität des 7:0-Laufes war längst dahin, die Fehler häuften sich auch im Spielaufbau. Die 5:1-Deckung zeigte mehr und mehr Wirkung, Coburg hatte keine Antwort darauf und wenn, dann landete der Ball nicht im Tor. Symptomatisch in dieser Phase die Szene vor dem 18:18-Ausgleich. Oliver Krechel parierte einen diskussionswürdigen Strafwurf, doch Aue verwandelte im Nachwurf. Die zeigten jetzt auch eine ungemeine Spielfreude und Coburg bekam keinen rechten Zugriff mehr. Glück hatten sie Stand von 21:21, als Krechels Standbein parierte und sich Kellner einen verloren geglaubten Ball holte. Doch der nächste Ballverlust folgte und da Krechel weit vor seinem Tor stand überraschte ihn Eric Meinhardt mit dem 21:22 aus der eigenen Hälfte. Aber Coburg drehte die Partie dann doch noch zu seinen Gunsten.
Stimmen
HSC-Trainer Jan Gorr: „Es war eine Partie mit zwei unterschiedlichen Halbzeiten. Je näher Aue nach der Pause gekommen ist, desto schwerer fiel uns jeder Pass, jeder Schritt. Deswegen geht es in unserer derzeitigen Situation nicht darum schön, sondern erfolgreich abzuschließen. Wir haben in der Schlussphase klaren Kopf behalten und mit vollem Risiko und zwei Kreisläufern die Partie für uns entschieden.“
EHV-Trainer Stephan Swat: „Ich muss meinem Team kämpferisch ein Kompliment machen, denn wir hätten es verdient gehabt, einen Punkt mit nach Hause zu nehmen. Überragend sind das Verhalten und das Anfeuern unserer Fans trotz der aktuellen Tabellensituation, die uns mit einem großen Block unterstützt haben. Wir müssen das Selbstvertrauen aus der zweiten Halbzeit mit in die nächsten Spiele nehmen.“
Statistik
HSC 2000 Coburg – EHV Aue 24:22 (15:9)
HSC 2000 Coburg: Patryk Foluszny (n.e.), Oliver Krechel (22 Gegentore, 12 Paraden); Markus Hagelin (1), Lukas Wucherpfennig (1), Felix Sproß (2), Dominic Kelm, Sebastian Weber (2), Stefan Lex (8), Benedikt Kellner, Florian Billek (4/2), Till Riehn (1/1), Jakob Knauer, Tobias Varvne (2), Romas Kirveliavicius (3). Trainer: Jan Gorr.
EHV Aue: Robert Wetzel (13 Gegentore, 7 Paraden), Erik Töpfer (11 Gegentore, 7 Paraden); Marcel Schäfer, Eric Meinhardt (4), Kevin Roch (4), Pascal Ebert, Bengt Bornhorn, Mindaugas Dumcius (3), Janar Mägi, Jan Faith, Alexander Koke (1), Jort Neuteboom (2/1), Philip Jungemann (4), Gregor Remke (3), Marc Pechstein (1). Trainer: Stephan Swat.
SR: Pawel Fratczak / Paulo Ribeiro
Spielfilm: 1:1 (2.), 4:1 (8.), 5:3 (11.), 5:5 (15.), 12:5 (24.), 14:8 (28.), 15:9 – 15:10 (31.), 15:12 (35.), 17:12 (38.), 17:14 (41.), 18:14 (42.), 18:18 (47.), 19:18 (48.), 19:20 (49.), 20:20 (50.), 21:22 (54.), 22:22 (56.), 24:22.
Zuschauer: 2.042 in der HUK-COBURG arena
Strafminuten: 4 (Hagelin, Wucherpfennig) – 12 (Roch 4, Meinhardt, Jungemann 4, Pechstein)
Siebenmeter: 3/5 (Billek scheitert 2 Mal an Töpfer) – 1/2 (Meinhardt scheitert an Krechel)
Beste Spieler: Lex, Hagelin – Meinhardt, Jungemann.
Bericht von Ralph Bilek
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)